Essen. . Haftbeschwerden scheiterten, doch jetzt will die Essener Justiz Ex-Manager Middelhoff aus der U-Haft entlassen. Vorher muss er aber Auflagen erfüllen.

Nach fünf Monaten hinter Gittern hat der Ex-Manager des Essener Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, gute Aussichten, die Haft zu verlassen. Wie das Landgericht Essen am Montagabend knapp mitteilte, hat die zuständige XV. Strafkammer den Haftbefehl gegen den 61-Jährigen außer Vollzug gesetzt. Bevor er freikommt, muss er aber Auflagen erfüllen, die das Gericht erst am Dienstag der Öffentlichkeit mitteilen will. Der Grund für die Häppchen-Information: Der Beschluss müsse erst dem Betroffenen mitgeteilt werden.

Damit erreicht ein Strafverfahren, das an Überraschungen nicht arm war, einen neuen Höhepunkt. Dass sich der ehemalige Topmanager überhaupt vor einem Strafgericht verantworten musste, weil er seine Firma durch Luxus-Ausgaben geschädigt haben soll, hatte viele Bürger verwundert. Während des Prozesses sorgten der Fenstersprung aus dem Haus der Gerichtsvollzieher, wo er den Offenbarungseid abgab, ebenso für Aufsehen wie seine im Gericht von Gläubigern gepfändete Uhr. Schließlich die Verurteilung zu drei Jahren Haft am 14. November mit anschließender Verhaftung im Saal: In der Öffentlichkeit setzte sich der Eindruck durch, dass es den Reichen vor Gericht auch nicht besser geht als dem Rest der Bevölkerung.

Amnesty prangerte Schlafentzug an

Mehrere Haftbeschwerden von Middelhoff, weit mehr als von anderen Untersuchungsgefangenen gestellt, schmetterte die Justiz seitdem ab. Gerade das Oberlandesgericht Hamm informierte die Öffentlichkeit darüber ausführlich.

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Doch vor drei Wochen drehte sich der Wind. Plötzlich dominierte die Verteidigung die Verbreitung der Informationen. Krank sei ihr Mandant, leide an einer seltenen Hautkrankheit als Folge einer Autoimmunerkrankung. Von „Chilblain Lupus“ war die Rede, auch als Schmetterlingsflechte bekannt. Und dies, so die Anwälte, liege wohl am Schlafentzug, unter dem Middelhoff in den ersten Wochen seiner U-Haft zu leiden gehabt hätte. Denn wegen angeblicher Selbstmordgefahr sei er zur Überwachung oft geweckt worden.

Im April kam über die Medien immer mehr Kritik. Die Grünen-Politikerin Renate Künast und Amnesty International prangerten den Schlafentzug an, es fiel das Wort „Folter“. Das Düsseldorfer Justizministerium korrigierte die Äußerungen der Verteidiger zur Intensität der Überwachung zwar, aber noch in der vergangenen Woche zitierte das Handelsblatt den „Amtsrichter“ Jürgen Todenhöfer mit den Worten „Quälerei“ und „Guantanamo“. Der Richter wolle Middelhoff offenbar brechen. Bei diesem Amtsrichter dürfte es sich wohl um den ehemaligen CDU-Minister Jürgen Todenhöfer (74) handeln, der später zum Freund der arabischen Welt wurde und laut einem Artikel in der „Zeit“ ein Freund Middelhoffs sein soll.

Erkrankung spielt wohl eine Rolle

Dass sich die XV. Strafkammer in Essen, es ist ja eben nicht nur der Vorsitzende Richter Jörg Schmitt, von diesen Angriffen beeinflussen ließ, ist auszuschließen. Erst kürzlich verurteilte dieses Gericht mehrere Schleuser trotz kritischer Beiträge eines NDR-Reporters. Es wird wohl mit der Erkrankung Middelhoffs zusammenhängen, dass die Richter die Gefahr einer Flucht des Managers vor seinen Gläubigern plötzlich nicht mehr so hoch ansetzen.