Düsseldorf/Essen. . Die Düsseldorfer Rheinmetall AG macht über die Hälfte des Umsatzes zivil, ist dennoch deutscher Rüstungsprimus. Und legt sich jetzt mit Berlin an.

Mit dem Bau von Panzern und Kanonen sein Geld zu verdienen, das ist in Deutschland kein Geschäft wie jedes andere. Nicht ohne Grund betont Rheinmetall-Chef Armin Papperger deshalb, dass der Düsseldorfer Konzern ja mehr als die Hälfte seines Umsatzes von knapp 4,7 Milliarden Euro 2014 gar nicht mit Rüstung erwirtschaftet hat, sondern im zivilen Fahrzeugsektor. Gern verweist das weit verzweigte Unternehmen auch auf seine nagelneue Motorenteile-Fabrik in Neuss – und darauf, dass zu den größten Abnehmern von Rheinmetall-Produkten so friedfertige Kunden zählen wie VW und Ford.

Als Rüstungsproduzent sind die Rheinländer dennoch Branchenprimus. Und Armin Papperger hat in jüngster Zeit durchblicken lassen, dass man gern noch etwas mehr wäre. Ein Auge geworfen hat er etwa auf den Münchner Panzerbauer Krauss Maffei Wegmann. Doch der Leopard-II-Hersteller möchte dem Vernehmen nach lieber mit dem französischen Wehr-Giganten Nexter fusionieren. Auch mit der Marine-Sparte von Thyssen-Krupp und zwei Airbus-Töchtern liebäugelt Papperger. In die Karten schauen lässt er sich nicht. Vor hartnäckigen Journalistenfragen auf der Bilanzvorstellung geht er gestern geschickt in Deckung: Es gebe Gedankenspiele „bei uns im Haus“, aber keine Verhandlungen mit Thyssen-Krupp und Airbus. Liegt es am Preis? Berichten zufolge sind Rheinmetall die Thyssen-Krupp-Marinewerften eine Milliarde wert. Die Essener hätten wohl gern das Doppelte.

Deutlicher wurde Papperger Richtung Bundesregierung. In Berlin kursieren Pläne, wie viel Wehrtechnik Deutschland eigentlich will und braucht. Das Problem: Der geschrumpfte Bedarf der Bundeswehr reicht nicht aus, eine eigenständige Rüstungsindustrie im Land zu ernähren. Rheinmetall liefert derzeit nur noch knapp 20 Prozent seiner Rüstungsgüter an den Bund. Vor dem Ende des Kalten Krieges waren es an die 90 Prozent. Heißt: Ohne Exporte geht es heute nicht. Doch Waffenverkäufe in Nicht-Nato-Staaten – siehe Saudi-Arabien – sind politisch vermintes Gebiet. Deutschland, so der Rheinmetall-Boss, müsse sich entscheiden, welche Schlüsseltechnologien man halten wolle. Papperger: „Heute sind wir systemfähig. Aber sind wir das auch noch in zehn Jahren?“ Diese Frage müsse beantwortet werden. Jetzt. Sonst komme es zum schleichenden Technologie-Entzug.

Aktuell fallen die Sorgen um die Rüstungssparte bei den Düsseldorfern etwas milder aus. Die von Finanzminister Schäuble soeben in Aussicht gestellte Erhöhung des Wehretats ab 2017 dürfte neue Investitionen freisetzen. Papperger rechnet für die Branche mit jährlich 400 bis 800 Millionen Euro. In diesem Jahr rollen die ersten 50 Exemplare des neuen Schützenpanzers Puma aus einer Rheinmetall-Fabrik in Niedersachsen. 2015 will man im Defense-Bereich wieder in die Gewinnzone vorstoßen. 2014 hatten Sondereffekte die Konzernbilanz (operatives Ergebnis: 160 Millionen Euro) getrübt. Der Wehrbereich schloss sogar mit einem Minus ab. Als Grund nennt das Unternehmen unter anderem das Exportverbot der Bundesregierung für ein russisches Gefechtsübungszentrum. Papperger hofft auf Entschädigung für den geplatzte 135-Millionen-Euro-Deal, will es sich mit Berlin aber nicht verscherzen: „Es gibt keinen Streitwert. Wir streiten uns ja noch nicht.“