Chicago. . Auf dem US-Markt gehen Umsatz und Gewinn von McDonald’s zurück. Der neue Chef der Fast-Food-Kette will jetzt auf Grünkohl setzen.

Für McDonald’s-Chef Steve Easterbrook müsste 2015 dem Kalender nach eigentlich wie ein einziger saftiger Doppel-Whopper werden. Vor 75 Jahren schlug im kalifornischen San Bernadino die Geburtsstunde des Schnellimbiss-Giganten, der heute in rund 120 Ländern insgesamt 36.000 Filialen unterhält und täglich bis zu 70 Millionen Kunden abspeist. Zwei triftige Feier-Gründe. Aber McDonald‘s schwächelt auf dem Heimatmarkt beachtlich. Seit zwei Jahren gehen laut Analysten in den 14.000 US-Restaurants kontinuierlich Umsatz und Gewinn zurück – zuletzt auch in Deutschland. Ein Novum in über 30 Jahren.

Hygiene-Skandale und politisch unkorrekte Niedriglöhne für die prekär beschäftigten Belegschaften sind dabei nicht der springende Punkt. Frühere Manager des Konzerns werfen dem verwöhnten Riesen Trägheit vor. Die zwei Schlüsselwörter in der Branche lauten „schnell“ und „Essen“, sagt Larry Light. McDonald‘s sei heute aber nicht mehr schnell. Und seine Burger schneiden in Verbraucher-Studien geschmacklich miserabel ab.

Junge Kunden kehren dem Viertelpfünder den Rücken

Vor allem jüngere Konsumenten zwischen 20 und Ende 30, einst Stammkunden, ziehen die Konsequenz. Sie kehren Viertelpfündern, Big Macs und vorgepressten Hühnchenfleisch-Riegeln den Rücken und stillen den Hunger lieber in aufstrebenden Eil-Restaurant-Ketten wie Chipotle (Tachos, Burritos und was sonst noch nach Mexiko klingt), Potbelly (Hausmannsküche) oder Sweetgreen und Chop‘t (frisch zubereitete Salate).

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Dort ist das Essen nicht dramatisch teurer als bei McDonald’s. Es kommt aber entschieden gesünder, frischer, höherwertiger und fairer produziert daher. Für die konsumfreudigen Geburtsjahrgänge von 1980 bis 1995 ein wichtiges Kaufargument, wie Marktforscher herausgefunden haben wollen.

Im Billigsektor verschärfen Burger King und Wendy‘s den Preiskampf

Dazu kommt, dass McDonald‘s sich im Kerngeschäft um den traditionell zwischen zwei Pampbrötchen-Hälften eingepferchten Fleischklops einer Zangenbewegung ausgesetzt sieht. Im Billigsektor verschärfen Burger King und Wendy‘s den Preiskampf. Im oberen Segment legen bessere Bräter wie Five Guys die Qualitätsmesslatte immer höher.

Sie erhitzen keine aufgetauten „Patties“, sondern brutzeln ihre Hacksemmel aus Antibiotika-freiem Fleisch frisch. Dass ein Durchschnitts-Menü da fast doppelt so teuer ist (12 statt 6 Dollar), tut der Nachfrage keinen Abbruch. Gut burgerlich boomt. Jedenfalls in solventen Käuferkreisen der Mittelschicht, die auch anderen uniformen System-Gastro-Ketten wie Pizza-Hut oder Kentucky Fried Chicken häufiger die kalte Schulter zeigen. Weil sie ihren Kunden nicht bieten, was heute gewünscht ist: Individualität. Und gesunde Abwechslung.

Eastbrook, fast ein Vierteljahrhundert im Unternehmen und zuletzt in Großbritannien verantwortlich, ließ darum als erste Amtshandlung bei McDonald‘s mit bestimmten Medikamenten vollgepumptes Huhn auf den Index setzen.

Was die Kundschaft noch mehr hasst als matschige Fritten: Warten

Dass es damit nicht getan sein wird, das Image der ernährungsbilanztechnisch bedenklichen Fastfood-Fabrik abzulegen, ist klar. Seit Eastbrook das Sagen hat, machen unbestätigte Gerüchte die Runde, dass der Konzern mit Kale experimentieren will. Das Grünkohl-verwandte Gewächs hatte den Ritterschlag bekommen, als Präsidenten-Gattin Michelle Obama das In-Gemüse für seine Bekömmlichkeit lobte und im Garten hinterm Weißen Haus anpflanzen ließ.

Wie sich die Aufnahme des herben Grünzeugs in die mit 120 Angeboten ohnehin überfrachtete Speisekarte integrieren ließe, ist Insidern allerdings ein Rätsel. Zwei Drittel seiner Umsätze macht McDonald‘s in Amerika mit einer sprunghaften Kundschaft, die am Drive-In-Schalter eines noch mehr hasst als kalt gewordene Hamburger und matschige Fritten: Warten.