Frankfurt/Main. . Der Dax hat am Montag erstmals die 12.000-Punkte-Marke geknackt. Eigentlich sollte er dort erst Ende des Jahres stehen. Nicht alle finden das gut.

Selbst optimistische Händler und Aktienstrategen hatten diese Marke frühestens für das Jahresende im Blick. Am Montagvormittag schauen viele Profis im Handelssaal der Frankfurter Börse um 9.41 Uhr ungläubig auf die große Anzeigentafel: 12.001 war da zu lesen. Um 14.56 sind es dann sogar 12.139 Punkte.

Zum wiederholten Male in diesem Jahr hat der Deutsche Aktienindex Dax einen neuen Rekord und zum zweiten Mal eine, wie die Börsianer sagen, wichtige psychologische Schwelle überwunden. Erst am 13. Februar war die Marke von 11.000 Punkten geknackt worden. Jetzt wird die nächste Hürde ausgerechnet am „Tag der Aktie“ genommen. Den gestrigen Montag hatten Börse und Direktbanken ausgerufen, um endlich mehr Bundesbürger für die Aktienanlage zu gewinnen. Alle 30 Dax-Aktien und auf den Dax ausgelegte börsengehandelte Fonds konnten gebührenfrei gekauft werden.

EZB kauft Staatsanleihen

Die Europäische Zentralbank (EZB) gilt wegen der vor einer Woche begonnenen Käufe von Staatsanleihen der Euro-Länder als Haupttreiber der Kurse. Mittlerweile hat sie für mehr als zehn Milliarden Euro gekauft und damit die Renditen weiter gedrückt. Dies und die Zinsen nahe an der Nulllinie, die Banken und Sparkassen für Spar- und Tagesgeldkonten gewähren, geben den Aktien Schub. Wer Geld anlegen will, hat gerade kaum Alternativen.

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Aber die Profis werden vorsichtiger. „Mir ist schon lange mulmig“, sagt Oliver Roth, langjähriger Chefhändler der Close Brothers Seydler Bank. „Die Gefahr der Blasenbildung ist extrem groß. Da ist viel Spekulation im Spiel.“ Und doch hält der Ex-Fußball-Profi eine weitere Bergfahrt für möglich. Solange es keinen externen Schock gebe, laufe der Markt weiter. „Durchaus auch bis auf 13.000 oder 14.000 Punkte“. Bei einem Schock, etwa dem Austritt Griechenlands aus dem Euro, gebe es eine deutliche Korrektur. Allerdings keine wirkliche Trendwende.

„Der Dax begibt sich zunehmend auf dünnes Eis“, glaubt Bernd Krampen, Aktienstratege bei der NordLB. „Gewinnmitnahmen und eine Korrektur dürften anstehen“. Einen Absturz des Dax erwartet Krampen aber nicht. „Wir koppeln uns langsam von den fundamentalen Trends ab“, ergänzt Chris-Oliver Schickentanz, Chef-Anlage-Stratege der Commerzbank. Die Kurse hätten immer weniger mit der tatsächlichen Lage der Unternehmen zu tun. Der Abkoppelungsprozess könne aber Monate, wenn nicht Jahre dauern.

Dax stieg seit 2009 um 230 Prozent

Tatsächlich pumpt die EZB bis mindestens September 2016 Monat für Monat 60 Milliarden Euro über ihr Anleihe-Programm in den Finanzsektor. Insgesamt 1,14 Billionen Euro. Ökonomen glauben, dass ein erheblicher Teil angelegt wird – in Aktien. Zudem kaufen mehr und mehr US-Anleger, beflügelt durch den schwachen Euro, europäische und deutsche Aktien, sagt Schickentanz.

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Trotz der Rekordfahrt des Dax seit Jahresanfang mit einem Plus von rund 22 Prozent müsse man, so Krampen, mittelfristig nicht „zu pessimistisch“ sein. Seit März 2009 ist er um 8400 Punkte oder mehr als 230 Prozent gestiegen. Neben der EZB-Geldflut und den niedrigen Zinsen sprechen, so Experten, der schwache Euro und das günstige Öl für Aktien. Beides stützt die Gewinne der Unternehmen: Der Export wird angetrieben, weil deutsche Maschinen und Güter im Dollarraum günstiger werden.