Berlin. Auch 2015 erwartet die deutsche Wirtschaft in Russland nichts Gutes - bis es wieder aufwärts geht, setzen die Konzerne nun auf klassisches Aussitzen.
Die deutsche Wirtschaft bekennt sich trotz düsterer Aussichten zu ihrem Russland-Geschäft und will die Ukraine-Krise aussitzen. "Alle in Russland aktiven deutschen Unternehmen sagen mir, wir verfolgen jetzt so eine Art Überwinterungsstrategie", sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Eckhard Cordes, der Deutschen Presse-Agentur. An diesem Montag jährt sich das umstrittene Referendum zum Beitritt der Krim an Russland. Kurz darauf hatte der Westen erste Sanktionen verhängt.
Auch interessant
Cordes betonte, niemand wolle raus aus Russland, weil alle Firmen mittel- bis langfristig auf eine Stabilisierung hofften. Frisches Geld nimmt aber kaum jemand in die Hand: "Die deutschen Investoren treten auf die Investitionsbremse."
Im vergangenen Jahr waren die deutschen Russland-Exporte um rund 6,5 Milliarden Euro eingebrochen, die gesamten EU-Exporte um 16 Milliarden. "Damit gehen über 40 Prozent des Exportrückgangs zulasten deutscher Unternehmen. Auch 2015 müssen wir mit weiteren Einbußen rechnen", sagte Cordes.
Sanktionen sind "wie ein Nebelschleier"
Für einen Ausstieg aus den Sanktionen sei es noch zu früh: "Wenn man sehen kann, dass Minsk II nachhaltigen Erfolg hat, wird auch die Diskussion über eine Lockerung der Sanktionen beginnen", so Cordes. "Eines Tages müssen wir darüber reden, wie wir aus dem Sanktionsregime wieder herauskommen."
Über die Wirkung der Sanktionen gehen die Meinungen auseinander. Aus Sicht des Ex-Metro-Chefs und früheren Daimler-Managers sind vor allem die russischen Banken geschwächt. Nicht zu unterschätzen sei aber der psychologische Effekt der Sanktionen: "Sie haben sich wie ein Nebelschleier über das Land gelegt."
Moskau blickt nach Asien
Für Deutschland als "besonderer Freund" Russlands stehe viel auf dem Spiel. "Bei russischen Politikern und Topentscheidern sind Fragezeichen aufgekommen, ob diese besondere Rolle wiederherstellbar ist." Die persönlichen Beziehungen zwischen russischen und deutschen Managern seien noch gut.
Auch interessant
Moskau wende sich aber stärker Asien zu: "Was ganz klar sichtbar ist, dass die Konkurrenz der Chinesen und Koreaner deutlich stärker geworden ist." Chinesen machten sich etwa bei staatlichen Infrastrukturprojekten breit. "Ich will das in keiner Weise dramatisieren. Aber ich sage: Achtung, hier können unsere Unternehmen abgehängt werden, wenn die Krise noch lange anhält."
Die deutschen Konzerne wollen aber auch die Ukraine nicht hängenlassen. Deren Präsident Petro Poroschenko wird an diesem Montag zu Gesprächen mit Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin erwartet. Cordes sieht eine Mammutaufgabe: "Der finanzielle Bedarf der Ukraine ist gewaltig", meinte der Manager, ohne konkrete Zahlen zu nennen. "Das Land stabilisiert keiner alleine, weder der IWF, die USA noch die EU. Sie brauchen alle an einem Tisch - auch die Russen." (dpa)