Essen. Um den Schuldenberg von 20 Milliarden Euro zu reduzieren, hat RWE seine Tochterfirma Dea an den russischen Oligarchen Michail Fridman verkauft.

Es war ein Befreiungsschlag in Superzeitlupe: Vor fast genau einem Jahr hatte RWE-Chef Peter Terium erklärt, einen Käufer für seine Öl- und Gastochter Dea gefunden zu haben. Der Deal mit der Letter-One-Gruppe solle nun zügig umgesetzt werden, hieß es damals. Der Haken: Hinter dem Investor steht der russische Oligarch Michail Fridman – und im Zuge der Ukraine-Krise verhängte die EU immer schärfere Sanktionen gegen Russland.

Dass dem Dea-Verkauf 14 Länder in Europa und Nordafrika zustimmen mussten, weil das Unternehmen in ihren Hoheitsgebieten tätig ist, war da nicht eben förderlich. Aus dem „zügig“ wurden zwölf Monate. Am Montag nun verkündete RWE Vollzug – obwohl mit der britischen noch immer eine Regierung Bedenken hat.

RWE reagiert mit Erleichterung

5,1 Milliarden Euro erhält der hoch verschuldete Essener Energiekonzern für die Dea mit ihren 1400 Mitarbeitern. Aus den Worten des RWE-Chefs klang gestern einige Erleichterung: „Der Verkauf der Dea zeigt, dass wir auch unter schwierigen Bedingungen das umsetzen, was wir uns vorgenommen haben“, erklärte Terium und sprach von einem „Meilenstein für den RWE-Konzern“.

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So ganz ungetrübt war die Freude dennoch nicht. London konnte zwar nicht den Kauf als Ganzes blockieren, hat aber angekündigt, von RWE und Letter One zu verlangen, den britischen Teil der Dea an einen Dritten zu verkaufen. Die Regierung befürchtet, dass künftige Sanktionen gegen Russland auch die britische Dea treffen könnten.

RWE will Schuldenberg abtragen

Eine RWE-Sprecherin sagte dazu am Montag, Letter One werde das britische Geschäft in einer „getrennten Einheit“ über eine niederländische Stiftung führen. Sollten neue Sanktionen Dea treffen, wäre RWE ein Jahr lang verpflichtet, diesen Teil zurückzunehmen. Den Wert des britischen Dea-Geschäfts – mithin das finanzielle Restrisiko für RWE – wollte sie nicht beziffern. Bei den Fördermengen der Dea macht das britische Gas etwa ein Fünftel, beim Öl nur rund zwei Prozent aus.

Die fünf Milliarden Euro sollen weitgehend dem Abbau des Schuldenbergs von aktuell mehr als 30 Milliarden Euro dienen. Das soll die Zinslast drücken und neue Spielräume schaffen. Die braucht Terium dringend, um den wankenden Energieriesen aufzurichten. Wie die Konkurrenz leidet auch RWE unter dem Preisverfall für konventionellen Strom. Während Erzrivale Eon darauf mit einem radikalen Schnitt reagiert und sich vom herkömmlichen Kraftwerksgeschäft trennen will, wird im Umfeld von RWE noch eine ähnlich klare Strategie im Umgang mit der Energiewende vermisst.

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Pünktlich zur Aufsichtsratssitzung

Terium setzt auf neue, dezentrale Vertriebsmodelle sowie das Netzgeschäft und den Handel. Um diese rentablen, aber im Vergleich zur Stromerzeugung noch kleinen Geschäftsfelder auszubauen, muss er hier aber mehr investieren.

Der Dea-Verkauf gelang dem Konzernchef gerade rechtzeitig vor der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats am morgigen Mittwoch. Terium braucht Erfolge wie diesen, sein Vertrag läuft bis August 2016, den Gepflogenheiten zufolge wird aber ein Jahr vorher über eine Verlängerung entschieden. Die Kontrolleure werden diesmal vor allem mit der Vorbereitung der Hauptversammlung im April beschäftigt sein, auch mit der heiklen Frage nach der Dividende. Im Sommer, heißt es in Aufsichtsratskreisen, wolle man sich dann mit der Personalie Terium befassen.