Berlin. . Stromtrassen, Mietpreisbremse, Mindestlohn: Bei ihren wichtigsten Regierungsplänen bremsen sich SPD, CDU und CSU gegenseitig aus.

Nachbesserungen beim Mindestlohn, Streit um Stromtrassen oder eine blockierte Mietpreisbremse: Beim ersten Koalitionsgipfel 2015 haben die Spitzen von Schwarz-Rot am späten Dienstagabend eine Reihe von Konfliktpunkten zu klären.

Nach Wochen des außenpolitischen Krisenmanagements könnte die Rückkehr ins innenpolitische Tagesgeschäft für Kanzlerin Angela Merkel ungemütlich werden – in der Koalition hat sich Unmut aufgestaut. Die Union tritt bei wichtigen SPD-Projekten aus dem Koalitionsvertrag auf die Bremse, die Sozialdemokraten sind verärgert und drängen darauf, dass die Kanzlerin bei den Streitthemen selbst Position bezieht. „Sabotage“ wirft SPD-Vize Ralf Stegner der Union schon vor.

Korrekturen am Mindestlohngesetz

Besonders umstritten ist die Umsetzung des zum Jahresanfang eingeführten Mindestlohns. Einen wichtigen Kritikpunkt konnte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) gestern zwar ausräumen: Nach einem Treffen mit dem Deutschen Fußballbund und dem Olympischen Sportbund stellte Nahles klar, dass die vielen Ehrenamtlichen in den Sportvereinen mit ihren Aufwandsentschädigungen in der Regel nicht unter die Mindestlohnregelung fallen. Auch Amateur-Vertragssportler – etwa Fußballspieler in unteren Spielklassen – sind demnach vom Mindestlohn ausgenommen, auch wenn sie als Minijobber beschäftigt sind.

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Doch Teile der Unionsfraktion fordern im Einklang mit Wirtschaftsverbänden deutliche Korrekturen am Gesetz, vor allem eine Lockerung der Arbeitszeit-Dokumentationspflichten für die Unternehmen. Merkel hat eine kritische Überprüfung der Bürokratie in Aussicht gestellt, mindestens die grobe Linie müssen die Partei- und Fraktionschefs beim Koalitionsgipfel festlegen. Der Spielraum ist gering. Substanzielle Änderungen an ihrem Prestigeprojekt Mindestlohn haben Nahles und die SPD-Führung schon abgelehnt.

Widerstand der CSU

Ähnlich ist die Situation bei der Mietpreisbremse, mit der Justizminister Heiko Maas (SPD) den Anstieg von Wohnungsmieten in Ballungszentren begrenzen will. Schon mit dem vom Kabinett abgesegneten Gesetzentwurf hatte sich Maas Kritikern aus der Union gebeugt und zugestanden, dass Neubauten von der Preisbremse ausgenommen werden.

Aber in den Bundestagsberatungen legen CDU und CSU jetzt nach: Dass künftig in der Regel der Vermieter die Maklerkosten trägt, würde die Union gern noch verhindern. Streit gibt es auch um das Verfahren zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Neigung der SPD zu weiteren Änderungen ist gering: „80 Prozent der Bürger begrüßen die Mietpreisbremse“, sagt ein SPD-Regierungsmitglied, „wir haben keinen Anlass, Abstriche hinzunehmen.“

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Erneut wird es schließlich um den Widerstand der CSU gegen die geplanten Stromtrassen-Projekte nach Süddeutschland gehen, der die gesamte Energiewende zu gefährden droht. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat CSU-Chef Horst Seehofer Kompromissbereitschaft signalisiert, doch drängt jetzt die Zeit. Überlagert wird die Rückkehr zur Innenpolitik indes durch die aktuellen Krisen auswärts: Dringend muss der Koalitionsgipfel auch über das Euro-Hilfsprogramm für Griechenland beraten und das weitere Vorgehen im Ukraine-Konflikt abstimmen.