Essen. . Millionenklage gegen den RWE-Konzern: Hintergrund ist der gescheiterte Einstieg in den russischen Strommarkt. Landgericht Essen muss entscheiden.
Die schlechten Nachrichten für den Essener Strom-Konzern RWE reißen nicht ab. Jetzt fordert der russische Unternehmer Leonid Lebedew vor dem Landgericht Essen vom Unternehmen und dessen früheren Chef Jürgen Großmann persönlich rund 700 Millionen Euro. Der 58-Jährige Oligarch fühlt sich um diese Summe geschädigt, weil RWE ihn beim Einstieg in den russischen Strommarkt im Stich gelassen haben soll.
„RWE hat Herrn Lebedew an den Rand des Ruins gebracht“, klagt dessen Anwalt Josef Nachmann aus München am Donnerstag vor dem Essener Gericht. Lebedews Chancen, den Millionen-Prozess zu gewinnen sind nicht sehr hoch. Denn vor einem Schiedsgericht in London haben beide Parteien den Streit schon einmal ausgefochten. Und dort haben RWE und Großmann gewonnen.
RWE gewann vor Schiedsgericht
Weil der 58 Jahre alte Russe und die Essener sich in einem Vertrag geeinigt hatten, Konflikte bei ihrem gemeinsamen Projekt ausschließlich durch das Londoner Schiedsgericht klären zu lassen, will die zwölfte Zivilkammer vorab klären, ob damit die Klage vor dem ordentlichen Gericht in Essen allein deshalb abzuweisen ist (Az.: 12 O 37/12). Ihre Entscheidung darüber wollen die Richter am 24. März um neun Uhr in Saal D 41 verkünden. „Wir werden bis dahin umfangreich beraten“, kündigte Richter Volker Wrobel an.
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Zuvor hatten seine Richterkollegen und er in zweieinhalb Stunden in einem voll besetzten und stickigen Raum noch einmal viele Argumente der beiden Seiten gehört, die sie bestimmt schon in den umfangreichen Schriftsätzen gelesen haben durften.
Der Blick geht zurück ins Jahr 2007. RWE-Konkurrent Eon war damals gerade auf dem Strommarkt im Osten eingestiegen. RWE wollte folgen. Geplant war eine Zusammenarbeit mit Lebedews Unternehmen Sintez. Gemeinsam wollten sie den russischen Stromversorger TGK-2 bei einer Auktion kaufen. Offiziell kaufte Sintez, das einen Teil der Aktien an RWE weiterreichen sollte. Doch die Essener machten dann einen Rückzieher. Ob’s an der Finanzkrise lag?
Das Wort liegt bei der Zivilkammer
Der russische Oligarch fühlt sich betrogen. Allerdings kann auch er nicht leugnen, dass er vor dem Schiedsgericht den Kürzeren gezogen hatte. Seine Anwälte argumentieren jetzt, dass es sich bei diesem Verfahren ja um ganz andere Sachverhalte gehandelt hätte. Drei Anwälte hat er aufgeboten, dazu lässt er sich von einer Kommunikationsberatungsfirma helfen, den Kontakt zu den Medien zu halten.
Der RWE-Konzern hat vier Anwälte im Aufgebot, drei weitere vertreten den früheren Chef Jürgen Großmann. Es ist ein schlicht geführter Austausch von Argumenten über die Erfolgsaussichten der Klage. Dazu gehört dann eine Mimik vom Kopfschütteln bis zum Hochziehen der Augenbrauen als Reaktion auf die jeweilige Gegenpartei. Das Spiel beherrschen die Juristen im Saal alle recht gut. Und sicher dürfte auch sein, dass die zwölfte Zivilkammer das Schauspiel auch nicht zum ersten Male sieht.
Jetzt hat sie das Wort. Und wenn sie am 24. März sagt, dass die Klage wegen des Londoner Verfahrens unzulässig ist, dann waren viele Argumente überflüssig.