Essen. Durch den Verkauf der Öl- und Gasförderfirma Dea an den Russen Fridman fließen Milliarden in die Kassen des verschuldeten Essener Energiekonzerns RWE.

Aufatmen beim angeschlagenen Energiekonzern RWE: Die lange Zitterpartie um den Verkauf der Öl- und Gasfördertochter Dea an den russischen Milliardär Michail Fridman hat offenbar ein Ende. Aller Voraussicht nach geht das Geschäft doch noch ohne größere Abstriche für RWE über die Bühne. Konzernchef Peter Terium sprach von einem „Meilenstein“. Als Kaufpreis seien rund fünf Milliarden Euro vereinbart worden, teilte RWE mit. Der Revierkonzern hat das Geld fest für den Schuldenabbau eingeplant.

Der Deal drohte zu platzen, da die britische Regierung Bedenken gegen den Verkauf des Dea-Geschäfts an den russischen Geschäftsmann Fridman und eine von ihm kontrollierte Investorengruppe („Letter One“) angemeldet hatte. Dea fördert auch vor der britischen Nordseeküste Gas. Offenbar trieb die britische Regierung die Sorge um, das wichtige Geschäft könnte angesichts des Konflikts des Westens mit Russland in die falschen Hände geraten.

Abschluss bis Anfang März

Bis Anfang März soll das Geschäft abgeschlossen sein, entsprechende Verträge seien bereits unterzeichnet, teilte RWE mit. Für den Abschluss des Geschäfts nimmt der Essener Konzern gewisse Risiken in Kauf. Sollte es innerhalb von zwölf Monaten nach Abschluss der Transaktion angesichts einer Zuspitzung des Russland-Konflikts Sanktionen gegen Letter One oder die Eigner des Unternehmens geben, muss RWE die britischen Dea-Aktivitäten zurückkaufen, um sie anschließend an einen unabhängigen Dritten abzugeben. Der Rückkaufpreis der britischen Dea-Aktivitäten ist festgelegt, bleibt aber das Geschäftsgeheimnis von RWE.

Bestandteil des Deals ist auch, dass sich die Russen verpflichten, das britische Geschäft mehrere Jahre lang rechtlich unabhängig von den übrigen Aktivitäten von Dea zu führen. Dem Vernehmen nach wird hierfür ein niederländisches Stiftungsmodell genutzt, das sich bei vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit bewährt habe. Bei RWE zeigte man sich sicher, den Deal auch ohne eine formelle Zustimmung aus London abschließen zu können. Stoppen könne das Geschäft nur noch der äußerst unwahrscheinliche Fall, dass es innerhalb der nächsten Wochen zu einer Katastrophe wie der Explosion auf einer Ölplattform komme, hieß es.

Einer der reichsten Russen

Fridman, der auch schon Geschäfte mit dem britischen Mineralölriesen BP gemacht hat, gilt als einer der reichsten Russen. Offizieller Käufer von Dea ist der besagte Investmentfonds Letter One mit Sitz in Luxemburg. Hinter „L1“ verbirgt sich der von Fridman kontrollierte russische Finanz- und Industriekonzern Alfa Group.

Das Bundeswirtschaftsministerium unter Führung von SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte einem Vertragsabschluss von RWE mit den russischen Geschäftsleuten bereits vor Monaten zugestimmt. Entscheidend war, dass Dea nur einen geringen Anteil an der Energieversorgung in Deutschland abdeckt – beim Öl rund ein Prozent, beim Gas etwa zwei Prozent.

Erfolg für Konzernchef Terium

Der in die Krise geratene RWE-Konzern hat Schulden in Höhe von rund 30 Milliarden Euro angehäuft. Das von Kohle und Kernkraft geprägte Unternehmen leidet schwer unter dem Siegeszug der Ökoenergien. Die Stromproduktion in Gas-, Stein- und Braunkohlekraftwerken rechne sich vielerorts nicht mehr, heißt es bei RWE. Entsprechend wichtig war es, durch den Dea-Verkauf Geld in die Kasse zu bekommen. Konzernchef Terium betonte, durch den Dea-Deal verbessere sich die Finanzkraft des Unternehmens. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte er. Von einem echten „Befreiungsschlag“ für den Konzern wollten RWE-Insider am Freitag allerdings noch nicht reden. Dafür gebe es noch zu viele Probleme.