Düsseldorf. . Düstere Prognosen beherrschen die Bilanzen der großen Energiekonzerne in Deutschland. Eon wagt den Befreiungsschlag. Ein Modell auch für RWE, EnBW und Vattenfall?

Die Börse liebt radikale Schnitte bei angeschlagenen Unternehmen. Für den erhofften Befreiungsschlag gibt es gern Vorschusslorbeeren. Das ist auch beim Energiekonzern Eon so. Seit das Unternehmen vor einer Woche völlig überraschend seine Aufspaltung bekanntgab und damit nichts weniger als das Ende des klassischen Energieversorgers verkündete, hat die Aktie gut 5 Prozent zugelegt. Die Eon-Revolution dürfte auch die Konkurrenz überrascht haben. Allen voran steht RWE nun unter noch größerem Druck, ebenfalls einschneidende Schritte zu unternehmen.

Anders als Eon bekennt sich RWE zum klassischen Geschäftsmodell als beste Antwort auf die unaufhaltsame Energiewende, die die Gewinne der Konzerne wegbrechen lässt. RWE will weiterhin praktisch die gesamte Wertschöpfungskette der Energiebranche anbieten und kämpft dabei um seine Kohlekraftwerke.

Experten erwarten Strukturveränderungen auch von RWE

Dass Vorstandschef Peter Terium dieses Modell nur an die schnellere, grünere, digitalisierte und dezentrale Energiezukunft anpassen will, reicht vielen Analysten nicht. So halten die Experten der Citigroup RWE sogar für das letzte Unternehmen der Branche in Europa, das noch keine wirklichen Strukturveränderungen angestoßen habe.

Das sieht der Konzern anders. Erst vor wenigen Wochen schwor Terium seine Führungskräfte auf einen harten Überlebenskampf ein. "Die Lage von RWE ist sehr ernst", rief er seinen Managern zu. Zum ersten Mal in der mehr als 100-jährigen Geschichte erlebe der Konzern einen tiefgreifenden Strukturbruch. "Dies ist eine Revolution, die von uns revolutionäre Maßnahmen verlangt." Doch verglichen mit der Eon-Ankündigung scheint es eher ein sanfter Umschwung zu sein, mit dem Terium die Kurve kriegen will: "In fünf Jahren werden wir immer noch RWE sein. Wir sind eine RWE und werden es bleiben."

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Anders als Terium hat Eon-Chef Johannes Teyssen den Glauben aufgegeben, dass er den Wandel in der alten Konzernstruktur meistern kann. Deshalb gliedert er all das, was nicht mehr in die schöne neue Energiewelt passt, aus - also das gesamte Erzeugungsgeschäft mit großen Kraftwerken sowie das Gasfördergeschäft. Zu unterschiedlich seien die Anforderungen zwischen der neuen und der alten Energiewelt. Der Hauptkonzern konzentriert sich künftig auf erneuerbare Energien, die Stromnetze und den Vertrieb samt neuer Kundenlösungen.

Dass das die Zukunft des Energiegeschäfts ist, daran zweifeln auch die anderen Versorger nicht. Bei ihnen wundert man sich hinter vorgehaltener Hand vielmehr, dass Eon nun als Vorreiter gilt. Auch die Analysten der britischen Bank HSBC urteilen, dass der Konzern spät dran sei und zu lange an seinem alten Modell festgehalten habe. Deshalb muss der Wandel nun um so radikaler - manche sagen verzweifelter - ausfallen.

Der drittgrößte deutsche Versorger EnBW hat bereits vor rund anderthalb Jahren einen Umbau eingeleitet. Es sieht den Ausbau der erneuerbaren Energien vor, während in der konventionellen Stromerzeugung gespart wird - "Stellenanpassungen" inklusive. Eine völlige Aufspaltung halten die Baden-Württemberger aber nicht für nötig. Sie glauben, dass sie auch als Gesamtkonzern agil genug für die neuen Anforderungen sind.

Beim schwedischen Vattenfall-Konzern mit seinem großen Deutschland-Geschäft fühlen sie sich durch den Strategiewechsel bei Eon bestätigt. Das Unternehmen sieht sich selbst als Vorreiter bei der Energiewende. Schon in den Jahren 2008/2009 habe der Konzern mit dem Umbau hin zu einem sauberen Stromerzeuger begonnen und setze dies seitdem konsequent um, betont ein Sprecher. So soll etwa das deutsche Geschäft mit der klimaschädlichen Braunkohle abgestoßen werden. (dpa)