München. . Sind wirklich alle Mitglieder des ADAC gegen ein Tempolimit auf Autobahnen? Mit Fragen wie diesen will sich der Autoclub künftig erstmal befassen, bevor er die Position öffentlich vertritt. Eine von vielen Änderungen im Reformkonzept für den neuen ADAC.
Neun Monate lang hat der ADAC über einem Zukunftskonzept gebrütet, mit dem er aus der schwersten Krise seiner Geschichte kommen kann. "Reform für Vertrauen" heißt das Ergebnis, das sich der ADAC am Samstag von seinen Regionalverbänden absegnen ließ. Die wichtigsten Veränderungen im Überblick:
EINBINDUNG: In politischen Diskussionen hat der ADAC seinen Mitgliedern jahrelang seine Meinung übergestülpt: Lautstark geißelte der Verein im Namen seiner 19 Millionen Mitglieder die Pkw-Maut oder wetterte gegen ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen. Nun gelobt der Club Besserung und will seine Mitglieder künftig nach repräsentativen Kriterien zu verkehrspolitischen Themen befragen, bevor er mit einseitigen Positionen an die Öffentlichkeit prescht. Ergibt sich ein gemischtes Bild, soll dieses auch so differenziert dargestellt werden - denn auch im ADAC dürfte es etliche Mitglieder geben, die beispielsweise für ein Tempolimit sind.
ENTFLECHTUNG: Kern der neuen Struktur ist eine Trennung der wirtschaftlichen Aktivitäten des ADAC von dem Verein. Künftig sollen die kommerziellen Geschäfte wie der Verkauf von Versicherungen oder Reiseführern in eine Aktiengesellschaft mit einem eigens eingesetztem Vorstand gebündelt werden. Mehr als 25 Prozent der Anteile an der AG sollen von einer Stiftung gehalten werden, die damit eine Sperrminorität hat und somit ein wichtiges Wort mitreden kann. Durch die Herauslösung der Wirtschaftsaktivitäten aus dem Club will der ADAC seinen steuersparenden Vereinsstatus erhalten: Das Amtsgericht München prüft seit Monaten, ob der ADAC mit seinen fast 19 Millionen Mitgliedern überhaupt noch ein Verein ist oder längst ein Wirtschaftskonzern.
TRANSPARENZ: Compliance heißt das Zauberwort - gemeint ist ein Regelwerk für saubere Unternehmensführung, das in der Wirtschaft und bei vielen Verbänden und Vereinen seit Jahren üblich ist. Darin ist zum Beispiel geregelt, bis zu welchem Wert die Pannenhelfer von dankbaren Autofahrern Geschenke annehmen dürfen und wie sie dies intern dokumentieren müssen. Klare Obergrenzen gibt es auch für Einladungen zum Essen. Ein eigens eingestellter Compliance-Chef soll dafür sorgen, dass die neuen Richtlinien von allen haupt- und ehrenamtlichen ADAC-Mitgliedern befolgt werden.
PRODUKT-TESTS: Wenn der ADAC Tunnel, Fähren oder Kindersitze testet, hat sein Wort Gewicht. Ähnlich wie die Stiftung Warentest kann der Verein die Verbraucher mit seinem Urteil massiv beeinflussen. So viel Macht kann gefährlich sein: Bei vielen Tests musste sich der ADAC zuletzt den Vorwurf von Interessenkonflikten gefallen lassen. So verkauft der Autoclub beispielsweise Fährtickets für Verbindungen, die er in seinem Fährentest selbst prüfte. Damit ist künftig Schluss: Einen Fährentest wird es nicht mehr geben - der Verkauf der Tickets geht aber weiter, weil das laut ADAC von vielen Mitgliedern gewünscht wird. Auch ADAC-Tests von Batterien, Schneeketten und anderen Produkten und Dienstleistungen sowie die Pannenstatistik wird es wegen Interessenkonflikten nicht mehr geben. "Gleichzeitiges Testen und Verkaufen geht nicht", heißt es in der Resolution für den neuen ADAC, die die Delegierten einstimmig beschlossen. (dpa)