Essen. Handelsexperten sprechen von einer Trendwende: Immer mehr Kunden informieren sich im Internet und kaufen dann im Fachgeschäft - statt umgekehrt.

Auch wenn immer mehr Menschen im Internet einkaufen, erwartet der Handel im Weihnachtsgeschäft wieder volle Innenstädte und Shopping-Center. Während der Heiligabend eine feste Größe bleibt, ändern sich Einkaufsgewohnheiten und Waren-Präsentation der Händler. „Multichannel“ heißt das Zauberwort. Auf Deutsch: Händler verkaufen ihre Waren über mehrere Kanäle – im Laden und über das Internet.

Jeder sechste Euro, hat das Gutschein-Portal deals.com in Zusammenarbeit mit dem Center of Retail Research ermittelt, wird zu Weihnachten über Computer, Tablets und Smartphones ausgegeben. Die Forscher schätzen, dass der E-Commerce-Anteil am gesamten Weihnachtsumsatz in diesem Jahr bei 16,7 Prozent liegen werde. Im Vorjahr betrug er noch 14 Prozent.

Auch kleine Händler sollten Auftritt pflegen

„Auch kleine Händler müssen da mithalten“, sagt Rainer Gallus, Geschäftsführer des Handelsverbands NRW. „Sie müssen nicht gleich einen Online-Shop anbieten, aber mit Adresse, Infos zu Parkmöglichkeiten, Öffnungszeiten und Sortiment im Internet vertreten sein“, sagt der Experte.

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Denn die Gewohnheiten der Kunden haben sich verändert: Früher ließen sich Kunden beim Fachhändler in der Innenstadt beraten, kauften den Fernseher dann aber günstig bei einem Online-Anbieter. Der Trend hat sich nach Einschätzung von Werner Reinartz, Professor am Seminar für Handel und Kundenmanagement der Universität Köln, gedreht. Nach seinen Untersuchungen stieg die Zahl der Verbraucher, die sich zuerst im Netz informierten und dann im stationären Handel kauften, von 2008 bis 2013 „signifikant“ von 23,4 auf 32,1 Prozent.

"Online ist der neue Showroom"

„Umgekehrt ist aber der Anteil der Käufer, die sich beim Händler vor Ort beraten lassen und dann online gekauft haben, in derselben Zeit von 27,2 auf 11,4 Prozent abgerutscht. Online ist der neue Showroom“, sagte Reinartz dem Magazin „IHK plus“. Der Professor leitet aus dieser Entwicklung den Trend ab, dass Händler nur dann erfolgreich sein werden, wenn sie „die Vorteile aus dem stationären Handel mit denen des Online-Verkaufs klug verzahnen“.

Handelsriesen sind längst auf den fahrenden Zug aufgesprungen: Im Online-Shop des Essener Schuhhändlers Deichmann kann bestellt werden. Passen die Schuhe nicht, können sie in einer der Filialen zurückgegeben werden. Karstadt wirbt mit „Click & Collect“. Kunden können Produkte online bestellen und sie im Warenhaus abholen. „Die Händler setzen dabei auch Begleitkäufe, die Kunden tätigen“, meint Marc Heistermann, Geschäftsführer des Handelsverbands Ruhr. „Das ist die Zukunft.“

Galeria Kaufhof installiert 1100 Tablets

Einen Schritt weiter geht Galeria Kaufhof: In den bundesweit 105 Warenhäusern hat die Metro-Tochter 1100 Tablets installiert, die Filialen und den Online-Shop miteinander verzahnen. Nach Beratungsgesprächen mit den Verkäufern können sie über die Tablets gleich den gewünschten Artikel aus dem erweitertem Angebot von galeria.de bestellen.

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„E-Commerce zieht Umsätze aus den Läden, durch Vernetzungen verlagern sie sich aber wieder zurück“, ist NRW-Handelsverbands-Geschäftsführer Gallus überzeugt, räumt aber ein: „Kleine Fachhändler werden sich den Umsatz nicht voll zurückholen können.“

Kleine Händler schließen sich zusammen

Sie gehen andere Wege, wie beim Pilotprojekt „Online City Wuppertal“. 30 Einzelhändler aus der Stadt haben sich zusammengeschlossen. Kunden können bei ihnen online bestellen und erhalten die Ware auf Wunsch gegen eine Gebühr von 5,95 Euro nach Hause geliefert – möglichst noch am gleichen Tag.

Vergleichbare Projekte gibt es im Revier noch nicht. Der Verband sieht den Handel in der Region aber dennoch gut aufgestellt. „Händler müssen online sichtbar sein, nicht unbedingt online verkaufen“, meint Ruhr-Geschäftsführer Heistermann. Auch im digitalen Zeitalter sei eine Anfahrtsbeschreibung auf der Homepage unerlässlich. Heistermann: „Die gute Erreichbarkeit eines Geschäfts ist immer noch das A und O.“