Essen/Wien. Seit Juni sind die Preise um 30 Prozent eingebrochen. Die Talfahrt könnte anhalten und damit auch die Spritpreise an den Tankstellen weiter drücken

Trotz des jüngsten Absturzes der Ölpreise will die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) ihr bisheriges Förderziel von 30 Millionen Barrel pro Tag nicht kürzen. Darauf verständigten sich die Energieminister der zwölf Mitgliedstaaten gestern in Wien. „Wir wollen abwarten, wie sich der Markt entwickelt“, erklärte Opec-Generalsekretär Abdalla El-Badri. Am Donnerstag rutschten die Ölpreise auf den tiefsten Stand seit mehr als vier Jahren.

Der derzeitige Förderziel besteht seit Dezember 2011, es wird aber seit längerem deutlich überschritten. Vor allem der Schieferölboom in den USA hatte zuletzt ein Überangebot und damit sinkende Preise ausgelöst. Zugleich lahmt die Weltkonjunktur, was die Nachfrage drückt. Seit Juni sind die Preise für Rohöl deshalb um 30 Prozent gefallen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt unter 76 Dollar. Das ist der tiefste Stand seit September 2010. „Wir haben keinen Zielpreis“, erklärte El-Badri. Unter Druck setzt das besonders die großen Erdölproduzenten Venezuela und Russland. Beide Länder brauchen einen Rohölpreis von rund 100 Dollar, um ihre Staatshaushalte im Gleichgewicht zu halten. Davon sind sie weit entfernt.

Kraftstoffpreise seit Monaten im freien Fall

Für Konsumenten in Deutschland wirkt sich der Ölpreisverfall dagegen wie eine Konjunkturspritze aus. Sprit- und Heizölpreise kennen seit Monaten nur eine Richtung: abwärts. Noch während die Opec tagte, fiel der Preis für Heizöl am Donnerstag erstmals seit mehr als vier Jahren unter die Marke von 70 Euro für 100 Liter. Das Internet-Portal des Messtechnik-Herstellers Tecson ermittelte einen bundesweiten Durchschnittspreis von 69,20 Euro und damit den tiefsten Stand seit November 2010.

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Auch Autofahren ist derzeit relativ billig. Die Kraftstoffpreise sind seit Monaten im freien Fall. Der ADAC ermittelte einen weiteren Rückgang auch im November. Aktuell kostet der Liter Super E10 im Durchschnitt 1,42 Euro (Diesel: 1,28 Euro). In Essen kostete gestern Nachmittag der Liter Super sogar nur noch 1,35 Euro. Diesel war für 1,21 Euro zu haben. Schätzungen gehen davon aus, dass die deutsche Volkswirtschaft derzeit um einen zweistelligen Milliardenbetrag entlastet wird, weil Öl so billig ist. Experten gehen davon aus, dass die rasante Talfahrt der Ölpreise auf dem Weltmarkt zunächst weiter anhält. Für das nächste Jahr rechnen etliche Ökonomen aber damit, dass die Weltwirtschaft im weiteren Verlauf wieder stärker in Schwung kommt. Dann wird auch wieder mehr Rohöl verbraucht und die Preise könnten wieder steigen.

Langfristig werde Öl ohnehin teurer. „Die globale Nachfrage steigt nach wie vor Jahr für Jahr“, sagte der Hamburger Energie-Experte Steffen Bukold kürzlich dieser Zeitung. In absehbarer Zeit werde das Tempo der Produktion nicht mehr Schritt halten können mit dem weltweiten Verbrauch. Bukold: „Dann steigen die Preise unweigerlich.“

Ein Jahr Transparenzstelle

Für viele aus dem Blick geraten sind in Zeiten billigen Sprits die nach wie vor enormen Preisschwankungen an den Zapfsäulen. Pünktlich wie die Uhr steigen — von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – bundesweit ab 20 Uhr die Preise. Zunächst bei Aral und Shell, ab 21 Uhr bei Esso und Total, wieder zwei Stunden später bei Jet. Das hat jetzt die vor einem Jahr eingeführte Marktransparenzstelle des Bundeskartellamtes ermittelt. Im Laufe des folgenden Tages sinke der Preis dann in mehreren Stufen. Wer die richtige Zeit nutze und obendrein noch die günstigste Tankstelle ansteuere, könne 15 bis 20 Cent pro Liter einsparen, so die Kartellwächter.