Frankfurt/Main. Die Bahn und die Gewerkschaften EVG und GDL haben sich am Freitag auf weitere Verhandlungen geeinigt. Neue Streiks sind damit vorerst vom Tisch. Oder wie GDL-Chef Weselsky sagt: Es geht nicht um den Streik an sich. Schon die Tonlage ist für die Bahnkunden wohl eine gute Nachricht.
Gute Nachricht für die Bahnkunden: Im Tarifkonflikt haben sich der Konzern und die beiden konkurrierenden Gewerkschaften EVG und GDL auf weitere Verhandlungen verständigt. Mit der Lokführergewerkschaft GDL will die Bahn bereits am kommenden Freitag in Berlin weiter verhandeln, mit der EVG soll es am 12. Dezember ein weiteres Treffen geben. "Wir haben damit gezeigt, dass es uns nicht um den Streik an sich geht", erklärte GDL-Chef Claus Weselsky am Freitagabend in Frankfurt.
Die Bahn hatte der GDL ein Angebot vorgelegt, das neben den Lokführern nunmehr auch die Zugbegleiter umfasste, nicht aber weitere Berufsgruppen wie Bordgastronomen oder Disponenten. Dies sei nun Sache weiterer Verhandlungen, sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Er sei weiterhin optimistisch, einheitliche Abschlüsse mit beiden Gewerkschaften erreichen zu können. "Wir sind da sehr transparent."
Das Angebot umfasst 600 Seiten
Das 600 Seiten schwere Angebot der Bahn enthält nach Unternehmensangaben zahlreiche Neuerungen. Beiden Gewerkschaften seien für Zugbegleiter und Lokführer materiell gleiche Angebote vorgelegt worden, sagte Weber. Bis Ende 2016 sollen die Gehälter in drei Stufen um insgesamt 5 Prozent steigen, was nach Rechnung der GDL aber nur eine Jahreserhöhung von 2 Prozent ausmachen würde. Dazu kommen Einmalzahlungen und Weihnachtsgelderhöhungen mit sozialer Komponente sowie Regelungen zur Altersvorsorge und anderen Tarifthemen wie etwa dem Gesundheitsschutz. Zur Entlastung der Beschäftigten mit vielen Überstunden will die Bahn 200 zusätzliche Lokführer-Stellen schaffen.
GDL-Chef Weselsky hatte das neue Angebot der Bahn zum Auftakt zunächst als ernüchternd bezeichnet. Die drei Tarifparteien hatten sich nicht auf eine Basis für gemeinsame Verhandlungen einigen können.
EVG will bis 3. Dezember nicht streiken
"Wir sprechen weiter. Das ist die richtige und gute Nachricht", hatte Bahn-Personalvorstand Weber das knapp einstündige Treffen mit Vertretern der EVG bilanziert. Über Inhalte wurde nicht gesprochen. Die EVG schloss Streiks ihrer Mitglieder bis zum 3. Dezember aus. Dann werde die Tarifkommission der Gewerkschaft das Angebot der Bahn bewerten.
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Das Bahn-Angebot ist so umfangreich, weil die Bahn die GDL und die EVG unter einen Hut bringen muss. Beide wollen für Beschäftigte in ein- und denselben Berufsgruppen verhandeln, die Bahn will aber unterschiedliche Regelungen verhindern. So hat sie etwa der EVG ein Angebot auch für die bei ihr organisierten Lokführer gemacht, der Lokführergewerkschaft auch Vorschläge für diejenigen Zugbegleiter, die sie vertritt.
Verhandeln über Schwachsinn?
GDL-Chef Weselsky ging extrem skeptisch in sein Treffen mit Weber. Es sehe danach aus, dass die Bahn nur ein zusätzliches Angebot für die Zugbegleiter gemacht habe, sagte Weselsky unmittelbar vor Verhandlungsbeginn. Es fehlten Angebote für die ebenfalls von der GDL vertretenen Bordgastronomen, Lokrangierführer, Disponenten und Instruktoren. "Wenn das nicht aufgeklärt wird, verhandeln wir über Schwachsinn."
Die Lokführergewerkschaft fordert unter anderem fünf Prozent mehr Geld für das Zugpersonal für zwölf Monate und eine von 39 auf 37 Stunden reduzierte Wochenarbeitszeit ab Januar 2015. Der Knackpunkt: Die GDL will für ihre Mitglieder beim gesamten Zugpersonal verhandeln, nicht nur für die Lokführer unter ihnen. Die Zugbegleiter werden aber auch von der EVG vertreten, die bislang in diesem Bereich alleine die Tarifverträge ausgehandelt hat.
EVG verlangt 6 Prozent mehr
Die EVG fordert in der laufenden Tarifrunde 6 Prozent mehr Lohn, pro Monat aber mindestens 150 Euro mehr. "Anstelle des monatlichen Mindestbetrags wurde uns eine Einmalzahlung angeboten", kritisierte Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba. Das sei für die EVG völlig inakzeptabel.
Bahn-Manager Weber sagte: "Wir haben jetzt Gelegenheit, darüber nochmal nachzudenken." Er hält eine Einigung vor Weihnachten dennoch weiterhin für möglich: "Die Basis dafür ist unverändert gegeben." (dpa)