Berlin. . Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erlaubt die umstrittene Gas-Fördermethode Fracking. Es ist ein Ja-Aber-Gesetz mit strengen Auflagen. Eine entscheidende Rolle soll ein Experten-Gremium übernehmen.
Die Große Koalition will eine Perspektive für die hoch umstrittene Gasfördermethode Fracking eröffnen. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) gibt dem Druck von Union, Wirtschaft und Gewerkschaft IG BCE nach. Dem Gesetzentwurf, den die Sozialdemokratin am Donnerstag auf den Weg brachte, merkt man aber ihren Widerwillen an. Die Ministerin stellt sicher, dass kommerzielles Fracking frühestens 2019 und unter strengen Auflagen gestartet werden kann.
Es tritt der Fall ein, vor dem NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) gewarnt hatte. Die Länder können die Fracking-Pläne nicht verhindern. Denn das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Die Länder können im Zuge der Raumordnung aber weite Gebiete ausschließen. Ihnen unterstehen die Bergämter als Genehmigungsbehörde.
Hendricks schließt das Fracking in allen Gebieten des Naturschutzes und der Trinkwassergewinnung aus. Sie erlaubt die Methode dort, wo sie weder das Grundwasser gefährdet noch ökonomisch reizvoll ist: in über 3000 Meter tiefem Schiefer- und Kohleflözgestein. Lukrativ ist es für die Wirtschaft erst oberhalb dieser Grenze.
Nur "Probebohrungen" erlaubt - Menge des geförderten Gases nicht begrenzt
FrackingDer Hebel, um das möglich zu machen, ist raffiniert: Es ist die Freiheit der Wissenschaft. Weil man die Folgen von Fracking bisher nicht abschätzen kann, erlaubt das Gesetz „Probebohrungen“. Die Chemikalien, mit denen das Gas aus den tiefen Gesteinsschichten herausgelöst wird, dürfen das Wasser nicht gefährden. Über Probebohrungen entscheiden die Bergämter im Einvernehmen mit den Wasserbehörden. Das Gesetz regelt nicht, wie viel Gas probeweise gefördert wird. Das erinnert an den Walfang in Japan. Der ist dort nur zu Forschungszwecken erlaubt, was den Zweck für die Restaurants erfüllt.
Mit der „Probebohrung“ kommt eine sechsköpfige Expertenkommission ins Spiel. Sie soll das Ergebnis beurteilen: Wie sind die Folgen für die Umwelt? Wie steht es mit der Erdbebensicherheit? Äußert die Kommission Bedenken, ist ein Projekt tot. Fällt das Votum aber unbedenklich aus, kann das Unternehmen den nächsten Schritt gehen – und ein kommerzielles Förder-Projekt beantragen. Wieder sind die Bergämter zuständig. Sie müssen sich nicht nach der Kommission richten. Aber: Sie müssen eine Ablehnung begründen und im Zweifel vor Gericht bestehen können, wenn das Unternehmen dagegen klagt.
Kommerzielles Fracking wird für jedes Unternehmen langwieriges Hindernisrennen
Ihren ersten Jahresbericht legen die Experten im Juni 2018 vor. Erst danach kann das erste Unternehmen kommerzielles Fracking beantragen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist vorgeschrieben. Das bedeutet: Öffentlichkeit, Bürgerbeteiligung.
Auch interessant
So wird kommerzielles Fracking für jedes Unternehmen ein langwieriges Hindernisrennen; vor 2019 ist das Ziel nicht zu erreichen. Ministerin Hendricks legt es darauf an. Nachdem sie ein Verbot gegenüber der Union nicht durchsetzen konnte, brüstet sie sich damit, die strengsten Regelungen im Bereich Fracking vorzulegen, „die es jemals gab“. Und genau das dürfte ihr die Union im Bundestag vorwerfen und auf Nachbesserungen pochen.