Essen. Der Essener Energiekonzern trotzt der Krise und hebt die Ergebnisprognosen bis 2012 an. Die Gaspreise sinken ab April nochmals. Die Strompreise dürften erst zur Jahreswende 2010/11 wieder abnehmen.

Der Gaspreis sinkt, der Strompreis steigt: Der Essener RWE-Konzern will die Gaspreise zum 1. April das zweite Mal in diesem Jahr senken, und zwar um zwölf Prozent. Damit werden die Preise seit Jahresbeginn insgesamt „um bis zu 18 Prozent sinken”, sagte RWE-Chef Jürgen Großmann gestern bei der Bilanzvorlage. „Das zeigt, dass die Ölpreisbindung auch nach unten funktioniert und unsere Kunden davon profitieren.”

Auf die Frage, ob die stark gesunkenen Ölpreise noch zu einer dritten Gaspreissenkung in diesem Jahr führen werden, sagte der RWE-Chef: „Eine weitere Preissenkung können wir nicht in Aussicht stellen, wir werden aber den Markt auch nicht behindern.” Die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, hingegen sagte der WAZ, „gemessen an den gesunkenen Ölpreisen müsste es in diesem Jahr noch eine Reduzierung geben”.

Mit Blick auf die Strompreise machte Großmann den Kunden erst zur Jahreswende 2010/11 Hoffnung auf wieder sinkende Preise. Zum 1. April erhöhe RWE die Strompreise, was mit den gestiegenen Einkaufspreisen an der Börse zusammenhänge.

Nach einem Aderlass bei den Kundenzahlen im Jahr 2007 – rund 200 000 Stromkunden kehrten RWE den Rücken – habe der Konzern die Trendwende geschafft. 2008 seien im Saldo 80 000 neue Kunden gewonnen worden. Seit Jahresbeginn seien nochmals 60 000 Neukunden hinzugekommen, sagte ein Sprecher. Der geplante Umbau der Konzernstruktur (WAZ v. 25.2.) werde nach den Worten Großmanns keine Stellen kosten – „wir sind ein wachsender Konzern und brauchen qualifiziertes Personal”–, wohl aber werde es Umbesetzungen geben. RWE solle möglichst Ende August „alle formalen Voraussetzungen” erreicht haben, um mit den neuen Strukturen zu starten – also mit dem gebündelten Vertrieb und einer neuen Netz-Gesellschaft.

Der Konzernchef wird künftig selbst verantwortlich sein für die Stromtransportnetze. Mit der geplanten Herauslösung aus der bisherigen Energy AG seien die Brüsseler Vorgaben erfüllt. An einen Verkauf denke er nicht, „wir haben stark investiert und werden mittelfristig 2,3 Milliarden Euro investieren.” Die Krise in der Automobil- und Stahlindustrie ist bislang an dem Energieversorger weitgehend vorübergegangen. „Der Einfluss des kalten Winters ist bisher größer als der der Krise auf unsere Großkunden”, sagte Großmann.

Nachdem RWE 2008 das erfolgreichste Geschäftsjahr in seiner Geschichte absolvierte, werde der Konzern trotz der Rezession auch 2009 auf dem selben Niveau des Rekordjahres abschließen. Ohne den Stillstand wegen der Überholung der Kernkraftwerksblöcke Biblis A und B würde das Ergebnis noch höher ausfallen. Großmann sprach sich erneut für die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke aus, mehr noch solle Deutschland sich ein Beispiel an Schweden nehmen und „den Ausstieg aus dem Ausstieg” beschließen.

2008 stieg das Ergebnis vor Abzug der Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um fünf Prozent auf 8,8 Milliarden Euro (siehe Grafik), das betriebliche Ergebnis um vier Prozent auf 6,8 Milliarden. Das nachhaltige Nettoergebnis, das die Basis für die Dividendenausschüttung an die Aktionäre ist, stieg um 13 Prozent auf 3,36 Milliarden Euro. Mit der geplanten Dividende von 4,50 werde eine Ausschüttungsquote von 71 Prozent erreicht, 2010 werde diese auf 50 bis 60 Prozent sinken. Das betriebliche Ergebnis soll bis 2012 stärker steigen als bislang geplant, nämlich um fünf bis zehn statt nur um fünf Prozent. Die Zahl der Mitarbeiter stieg um vier Prozent auf 66 000.