Essen. Fiat und Magna starten Charme-Offensiven, um die Politik davon zu überzeugen, dass sie gute Käufer für Opel seien. Die IG Metall fordert Arbeitsplatzgarantien.

Seinen Besuch in Berlin absolvierte Sergio Marchionne gewohnt lässig im dunklen Pullover. Unterwegs war der Fiat-Chef in einem Maserati Quattroporte. Die 400-PS-Limousine gehört zum Turiner Autokonzern. Die Dienstfahrt im Maserati passt zu Marchionnes Anliegen. Im Rennen um die deutsche Traditionsmarke Opel setzt er auf Schnelligkeit und Stärke.

Der zweite Bieter für Opel, der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna, habe den Nachteil, mit seinem Konzept zeitlich hinter Fiat zurückzuliegen, sagte Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU). Wegen des Autowerks in Eisenach verfolgt Reinholz den Bieterwettkampf um Opel mit besonderer Aufmerksamkeit. Tatsächlich ging Magna am Dienstag in die Offensive. Einen Tag nachdem Marchionne der Bundesregierung sein Konzept für ein weltumspannendes Bündnis von Fiat mit Opel und Chrysler vorstellte, bestätigte auch Magna erstmals offiziell sein Interesse am deutschen Autokonzern.

Seltene Offenheit

Zusammen mit Magna wollen die russische Sberbank und der Autobauer Gaz bei Opel einsteigen, berichtete Reinholz in seltener Offenheit. Gaz gehört dem Oligarchen Oleg Deripaska, der einst als reichster Mann Russlands galt. Die Finanzkrise setzte Deripaska aber massiv zu. Die Sberbank ist halbstaatlich und eines der wichtigsten Finanzinstitute des Landes.

Magna-Chef Frank Stronach meldete sich über die kanadische Zeitung „The Globe and Mail” zu Wort und erklärte, Magna wolle weniger als 20 Prozent an Opel übernehmen. Sein Unternehmen verfüge über gut 1,1 Milliarden Euro Bar-Reserven und könne davon „einen kleinen Anteil” für Opel verwenden.

Charme-Offensive

Fiat-Chef Marchionne startete seine Charme-Offensive mit Hilfe der Boulevard-Zeitung „Bild”. „Wir wollen keines der vier Opel-Werke in Deutschland schließen”, beteuerte er, nachdem ihn Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) anders verstanden hatte. Der Minister interpretierte ein Gespräch mit Marchionne am Montag so, dass die Zukunft des Opel-Werks in Kaiserslautern mit rund 3500 Mitarbeitern auf dem Spiel stehen könnte. Dies hatte eine Welle der Empörung ausgelöst.

„Wenn alle vier Werke bleiben, kostet das natürlich Geld. Wir wollen diese Kosten aber übernehmen”, sagte Marchionne nun. Wie viele Arbeitsplätze er im Falle einer Fusion von Fiat und Opel streichen wolle, ließ der Manager offen.

Franz sieht Stellen in Gefahr

Der Vorstandvorsitzende des Automobilherstellers Fiat, Sergio Marchionne, kam gewohnt lässig nach Berlin.
Foto: Michele Tantussi/ddp
Der Vorstandvorsitzende des Automobilherstellers Fiat, Sergio Marchionne, kam gewohnt lässig nach Berlin. Foto: Michele Tantussi/ddp © ddp

Klaus Franz, der Opel-Gesamtbetriebsratschef, sieht 9000 bis 10.000 Stellen in Europa in Gefahr, sollte Marchionne seine Pläne verwirklichen. Bundesweit beschäftigt Opel derzeit rund 25.000 Mitarbeiter. Die nordrhein-westfälische IG Metall dringt auf weitgehende Arbeitsplatzgarantien. „Gute oder schlechte Investoren – das entscheidet sich an einem Sachverhalt: Mit wie vielen Leuten an wie vielen Standorten werden wie viele Autos gebaut”, sagte IG Metall-Bezirkschef Oliver Burkhard gestern der WAZ. „Daran werden wir jeden Investor messen”, betonte Burkhard.

Marchionne setzt auf eine Dreierfusion aus Fiat, Chrysler und Teilen des amerikanischen Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM). So soll der weltweit zweitgrößte Autobauer nach Toyota entstehen. Franz kritisierte die Strategie scharf. Die Beispiele von GM und Daimler-Chrysler hätten gezeigt, dass die Philosophie „je größer, umso erfolgreicher” gescheitert sei.

Rüttgers: "Größe allein ist kein Wert"

Ähnlich wie Franz und der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel äußerte sich auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) skeptisch zur Fiat-Strategie. „Es gibt eine alte Erfahrung: Größe allein ist kein Wert”, sagte Rüttgers in der ARD-Talkshow „Beckmann”.

Doch Marchionne ist auf politische Unterstützung angewiesen. Schließlich fordert Fiat milliardenschwere Staatsbürgschaften für die Fusion. Man wolle die nötigen Bürgschaften spätestens in drei Jahren zurückzahlen, sagte Marchionne. Er stichelte auch gegen den Konkurrenten im Übernahme-Wettbewerb. „Magna will mit russischer Hilfe bei Opel einsteigen”, sagte der Fiat-Chef. „Wenn die deutsche Regierung das für eine gute Lösung hält, würde mich das überraschen.”

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