Herten/Dortmund. Frank-Walter Steinmeier trat im Ruhrgebiet nicht nur seine Sommerreise an, sondern versuchsweise auch den Beweis, dass sein Deutschland-Plan aufgehen könnte: Vollbeschäftigung bis 2020. Der Kanzlerkandidat besuchte die Arge, die Zeche Ewald und ein Richtfest in Menden.
Als Frank-Walter Steinmeier Herten verlässt, trennen ihn nur noch 3 999 100 Arbeitsplätze von seinem Ziel. Im Wasserstoff-Kompetenz-Zentrum und im Umfeld sollen 900 Arbeitsplätze entstehen. „Vier Millionen Arbeitsplätze in zehn Jahren, das ist realistisch”, sagt Steinmeier.
Als er das sagt, steht er vor den alten Gebäuden der Zeche Ewald. Minuten später steht er im Rohbau des Wasserstoff-Kompetenz-Zentrums vor einem Plakat, das den fertigen Zustand des Projekts abbildet. Würde man beide Bilder zusammenschneiden, sähe das so aus, als hätte Steinmeier einen rasanten Strukturwandel erlebt.
Herten als Beispiel für Veränderung
Mit Veränderungen kennt man sich im Ruhrgebiet aus, mit Hoffnungen auch und mit Arbeitslosigkeit. Deshalb wird Steinmeier später die Arge Dortmund besuchen, weil schließlich alles zusammen das Herz seines Wahlkampfes bildet: Er will die Hoffnung vermitteln, dass man durch Veränderung Arbeitslosigkeit abbauen kann. Ewald ist ein besonders gutes Beispiel dafür, weil Herten nach der Kohle auf regenerative Erzeugung von Wasserstoff und Strom setzt. Während Bürgermeister Uli Paetzel erklärt, dass man sich bewusst für eine Technologie entschieden habe, die sich noch in der Entwicklung befinde, während er über wasserstoffbetriebene Fahrzeuge spricht, kann Steinmeier ein zufriedenes Gesicht machen.
Die Gelegenheit hat er mit dem Blick auf die Bundestagswahl und miese Umfragewerte nicht oft. Sein Plan, die Industrie zu begrünen sowie Dienstleistungen vor allem im Gesundheitswesen moderner zu gestalten und dadurch neue Jobs zu schaffen, ist von den anderen Parteien kurz und klein kritisiert worden. Nicht, weil er falsch wäre, sondern weil er von der SPD stammt.
Ruhiger Kämpfer mit guten Manieren
Steinmeier will während seiner Reise durch die Republik zeigen, dass er für seinen Plan kämpft. Auf seine Art. Meistens, auch jetzt, ist er ein ruhiger Kämpfer mit guten Manieren. Viele Sozialdemokraten sehnen sich immer noch nach Leidenschaft, die grob aus dem Kanzlerkandidaten herauszubrechen habe. Aber Steinmeier könnte sogar das Wort „Leidenschaft” vermutlich seriös umschreiben, als emotionale Vehemenz oder so.
Nahezu tragisch muss er es finden, dass seine Seriosität, die in schwierigen Zeiten zu schätzen wäre, sich bislang nicht positiv für ihn auswirkt. Im Gegenteil fertigt der seriöse Steinmeier einen ehrgeizigen und schon deshalb guten Plan an und muss sich leere Versprechungen vorwerfen lassen.
Entschlossenes Lächeln
Aber er lächelt sich entschlossen durch seinen ersten Reisetag. Er fragt viel nach, als er in Pilotprojekten der Arge Dortmund mit jungen Menschen um die Zwanzig redet, die den Einstieg oder Wiedereinstieg ins Berufsleben versuchen. Sie üben neun Monate lang in Gruppen, in denen sie Drachenboote bauen oder Oldtimer restaurieren. Steinmeier geht nett und respektvoll mit ihnen um und wünscht ihnen, was er sich auch wünscht: „Viel Erfolg.”