Essen. Konzern-Chef Karl-Gerhard Eick hat ein Sanierungskonzept für Arcandor vorgestellt: Verlustbringer sollen in eine neue Sparte ausgegliedert werden. Insgesamt soll die Sanierung über die nächsten fünf Jahre 900 Millionen Euro kosten.

Eines muss man Karl-Gerhard Eick lassen. Offenbar hat der neue Arcandor-Chef einen guten Schlaf. „Nein, es hat noch keine Nacht gegeben, in der ich aufgeschreckt bin und dachte o Gott, o Gott, o Gott”, sagte der als eiserner Rechner bekannte Schwabe auf die Frage, ob es um Arcandor noch schlimmer stehe, als er vor Amtsantritt dachte.

"Atrys" soll Verlustbringer versammeln

Das am Montag vorgestellte Sanierungskonzept jedenfalls unterstreicht die „harte Kärrnerarbeit”, die Eick jüngst ankündigte. So will sich Arcandor, das im vergangenen Geschäftsjahr ein Minus von 746 Millionen Euro anhäufte, auf Kernbereiche reduzieren. Alle Verlustbringer wandern in die neue Gesellschaft Atrys, darunter 1500 Quelle-Läden, 115 Quelle-Technikcenter und acht Karstadt-Häuser. „Dies ist eine Entwicklungsgesellschaft und keine Abwicklungsgesellschaft”, sagte Karstadt-Chef Stefan Herzberg.

Das Sanierungsprogramm und damit die „Lebensdauer” von Atrys ist auf drei Jahre angelegt. Die neue „Generalbevollmächtigte” Zvezdana Seeger soll die Gesellschaft „schnellstmöglich” aus der Verlustzone bringen – über strategische Partnerschaften, effizientere Strukturen oder Verkäufe. Auf der Abgabeliste stehen offenbar auch Nobelkäufer wie das KaDeWe in Berlin. Aber: „Wir werden die Premiumhäuser nicht mit Nachdruck verkaufen”, sagte Eick zu den Konsumtempeln, die nicht mehr in das neue Karstadt-Konzept passen.

Mehr Mode, weniger Multimedia

Demnach sollen die 81 Karstadt- und 27 Karstadt-Sport-Häuser, die zum profitablen Kerngeschäft gehören, künftig eine neue Käuferschicht ansprechen: die „profilierte Mitte”. Sie ist im Alter von 35 Jahren bis 65 plus. Zudem will Karstadt die Bereiche Mode, Wohnen und Sport ausbauen, und dafür den unrentablen Bereich Multimedia verkleinern.

Bei Primondo (Versandhandel) setzt Arcandor indes auf das Internet- und reine Kataloggeschäft von Quelle. Weiter sieht das Sanierungsprogramm vor, den Einkauf von Primondo und Karstadt zu bündeln. Das soll fünf Prozent an Kosten sparen. An Thomas Cook als dritter Konzernsparte soll alles beim Alten bleiben.

Die Mitarbeiter will Eick über ein Aktienbeteiligungsprogramm am „zukünftigen Unternehmenserfolg” teilhaben lassen. Diese beteiligten sich, so Eick, an der Sanierung bereits mit 115 Millionen Euro über drei Jahre. „Von den Mitarbeitern erwarten wir keinen weiteren Beitrag, das wäre unverantwortlich”, sagte Eick.

"Das Konzept ist tragfähig"

„Das ist die letzte Chance für Arcandor”, bewertete der Geschäftsführer der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, das Konzept. Falls dies nicht fruchte, bleibe die Insolvenz. „Das Konzept ist tragfähig”, sagte Tüngler auch im Hinblick auf staatliche Hilfsprogramme, die Eick prüfen lassen will. „Ich halte dies für einen ganz normalen Vorgang”, sagte der Arcandor-Chef. Er betonte, dass der Konzern nicht nur von den Banken, sondern von allen Seiten Hilfe brauche – auch von Vermietern, Lieferanten und Warenkreditversicherern.

Insgesamt benötige Arcandor für die Sanierung in den kommenden fünf Jahren 900 Millionen Euro. Ein Teil davon könnte über eine Kapitalerhöhung erfolgen. „Das wollen wir nicht ausschließen”, sagte Eick. Gespräche liefen mit den Hauptaktionären. Dies sind das Bankhaus Sal. Oppenheim und Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz.

Indes kann sich Arcandor Hoffnung auf Hilfen aus dem staatlichen Rettungsschirm für Unternehmen machen. „Natürlich stünde der Wirtschaftsfonds auch Arcandor offen”, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums.

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