Essen. Große Einkaufszentren außerhalb der Zentren sind nicht gerade beliebt: Mit mehr Basaren nach orientalischem Vorbild soll die Verödung der Innenstädte im Ruhrgebiet verhindert werden. Das reicht natürlich nicht, um eine Stadt lebenswert zu machen, aber es könnte ein Anfang sein.
Die Zeiten der Einkaufszentren auf der grünen Wiese sind lange vorbei, mit glänzenden Konsumtempeln in den Cities versucht die Kommunalpolitik der Verödung der Innenstädte entgegen zu wirken. Doch nicht immer erweisen die sich als Glücksgriff. Oberhausen etwa erhielt mit dem Centro zwar eine Neue Mitte, seine eigene jedoch verlor es. „Jede Stadt hat ihren Charakter, viele Städte gehen damit allerdings nicht behutsam genug um”, sagt deshalb auch der Frankfurter Architekt und Stadtplaner Albert Speer.
Angriff auf die Städte
Volker Eichener hatte vor kurzem eine Idee, die, grob verallgemeinert, etwas skurril daher kam. Basare nach orientalischem Vorbild könnten die Innenstädte des Ruhrgebietes retten, könnten die Leerstände links und rechts der Fußgängerzonen mit prallem Leben füllen. So der Professor und Rektor der EBZ Business School in Bochum. Fein geknüpfte Gabbehs, edles Goldgeschmeide und Shisha-Cafes also statt Ein-Euro-Läden und Fastfood-Ketten.
Doch was Eichener vorschwebt, ist mehr Authentizität der Städte im Ruhrgebiet, ihrer Vororte und Viertel. „Basare könnte man dort errichten, wo es eine starke Migranten-Bevölkerung gibt, in Stadtteilen wie Herne-Wanne, Dortmund-Eving oder Essen-Altenessen etwa. Das müsste professionell gemacht werden, mit qualitativ anspruchsvollen Waren und könnte so durchaus nicht nur die einheimische Bevölkerung, sondern auch Auswärtige anlocken”, so Volker Eichener. Eine Stadt wie Bochum dagegen müsse auf hochwertige Waren setzen, und auch Essen-Rüttenscheid habe sich mit seiner Gourmet-Meile für den richtigen Weg entschieden.
Es gibt ihn, den Trend zurück in den Stadt
Erst zogen die Menschen ins Umland, dann schlossen die kleinen Einzelhändler ihre Läden, und nun sterben die Warenhäuser. Siechend zurück bleiben die Innenstädte, karg und unwirtlich bei Tag, wie tot des Nachts. Dabei gibt es ihn ja, den Trend zurück in die Stadt. Die immer älter werdende Bevölkerung schätzt eine nahe, funktionierende Infrastruktur ebenso wie junge Familien, in denen Mann und Frau berufstätig sind. Doch, so scheint es vielerorts, die Kommunalpolitik hat das noch nicht begriffen.
„Es ist kein Problem, eine Innenstadt attraktiver zu machen”, sagt etwa der Düsseldorfer Architekt und Immobilien-Unternehmer Walter Brune. Eine Möglichkeit seien tatsächlich Einkaufszentren. „Wichtig ist jedoch, dass diese Galerien mitten in der Stadt liegen und direkt an eine Einkaufsstraße angeschlossen sind. Sie müssen das vorhandene Warenangebot ergänzen, dürfen aber nicht alle Wünsche erfüllen und nicht zu groß sein. 15 000 bis 20 000 Quadratmeter Verkaufsfläche sollten sie nicht überschreiten”, sagt Walter Brune, der in seinem Buch „Der Angriff auf die Städte” so manche Fehlplanung geißelt.
„Keine billigen Hallen, kein modischer Zauber"
Brune, selbst mit den Schadow-Arkaden und der Kö-Galerie in Düsseldorf zwei Einkaufszentren betreibend, kritisiert so das Centro, das, zu weit von Oberhausens Innenstadt entfernt, diese ausgeblutet habe. Er attackiert jedoch auch Essens noch im Bau befindlichen Limbecker Platz. „Viel zu groß!”, sagt Brune. Das Haus bietet alles, was man braucht. Niemand muss raus auf die Straße.” Der angrenzende Einzelhandel werde es zu spüren bekommen. Zudem komme es bei jenen in Innenstadt-Lagen gebauten Zentren auf die Qualität der Architektur an. Brune: „Keine billigen Hallen, kein modischer Zauber. Wie haben denn die Bischöfe ihre Kirchen gebaut?!”
Innenstädte seien nur dann lebendig, wenn in ihnen auch viele Menschen wohnten, betont dagegen der Frankfurter Architekt Albert Speer, dessen Büro gerade für die Kölner Innenstadt einen über 15 Jahre wirkenden Masterplan entwickelt hat. In der Kölner City lebten sehr viele Menschen, das mache sie attraktiv. Aber auch Einkaufszentren kann Speer durchaus etwas abgewinnen: „Wenn sie in die Innenstadt integriert sind, vielleicht sogar noch mit Wohnungen überbaut”.
Es sei Aufgabe der Politik, gerade in Mittelstädten nicht zu viele Shopping-Center zu genehmigen, so Speer. Vielmehr komme es auf ein ausgeglichenes Verhältnis von Verkehr, Parken, Wohnen und Aufenthaltsqualität an.
Wohnen vernachlässigt
„Die Veränderung einer Innenstadt ist kein Gottesurteil, es liegt an der städtischen Politik, was passiert”, sagt Speer. Zu häufig konzentriere die sich jedoch auf spektakuläre Einzelprojekte, ohne die Gesamtentwicklung einer Stadt zu betrachten. Und fast in allen Innenstädten werde das Wohnen vernachlässigt.
11 500 Quadratmeter groß ist das neue Hattinger Reschop Carre´, das direkt am Rand der Altstadt liegt. Ganz im Sinne des Architekten Walter Brune also.