Konsumbibel? Buch des Wirtschaftswunders? Das alles soll der Quelle-Katalog gewesen sein, liest man jetzt immer mal wieder.
Mag ja sein, dass irgendwelche Wirtschaftsfachleute das heute so sehen. Doch damals, in den für Jugendliche eher miefigen Jahren um 1960, war so ein Katalog – auch der von Neckermann (nicht ganz so interessant) oder der von Otto (oft etwas teurer) – einfach nur ein spannender Blick in die große weite Welt.
Zweimal im Jahr kam er, im Sommer und im Winter. Dann war Ausnahmezustand in der Familie. Wer dürfte zuerst stöbern? Was konnte man da alles entdecken! Traumhafte Fahrräder, die man in der Stadt bei Althoff (heute Karstadt) oder bei Horten noch nie gesehen hatte. Und die elektrischen Eisenbahnen! Und die gigantischen Radios mit den grünen Augen!
Fernseher, schwarz-weiß, 43 Zentimer, supermodern
Und sogar Fernsehgeräte gab es schon. 43-Zentimeter-Bildschirm und schwarz-weiß, supermodern – nur leider sündhaft teuer. Aber die Frau, die in späteren Jahren ganz vorne im Quelle-Katalog immer ihre Kunden begrüßte, hatte tröstende Worte: Der Katalog sei ein „Einkaufsberater“, der die Sicherheit gebe, einen hohen Gegenwert fürs Geld zu bekommen, schrieb Firmenchefin Grete Schickedanz unter ihr Bild und ihren Text. Sie sah zwar aus wie Tante Grete, die schimpfte immer, dass alles zu teuer sei. Dem konnte ich nur zustimmen: All zu viel habe ich per Konsumbibel nie gekauft, dafür war mein persönliches Wirtschaftswunder damals zu klein.