Essen. Heinrich Deichmann kritisiert das Verhalten von Bankmanagern und vermisst Verantwortungsbewusstsein. Der größte Schuhhändler Europas lässt andere an seinem Erfolg teilhaben und zeigt soziales Engagement.
Ein Unternehmen muss für die Menschen da sein – nach diesem Credo lebt der Chef von Europas größtem Schuhhändler Deichmann, Heinrich Deichmann. Kein Wunder, dass der Unternehmer mit den Verantwortlichen der weltweiten Finanzkrise hart ins Gericht geht.
Der 45-Jährige kritisiert die „schier grenzenlose Gier von Banken und Managern, die in ihrer Sucht nach Bonuszahlungen nicht auf die Qualität ihrer Bankprodukte geachtet haben.” Zudem hätten sie Kredite an Menschen vergeben, die eigentlich nicht kreditwürdig waren. „Das ist grundunsolide.” Die Gier nach Profit widerspricht dem unternehmerischen Verständnis, das die Essener Familienfirma prägt – seit Jahrzehnten. „Es muss um mehr gehen als um Gewinn- und Umsatzmaximierung”, sagt der Christ Deichmann. „Die Menschen müssen vom Unternehmen profitieren – Kunden und Mitarbeiter.”
Seinem hellen, modern-schlicht eingerichteten Büro fehlt jedenfalls jeder Prunk – es wirkt so aufgeräumt wie der Chef selbst. Auch die Essener Firmenzentrale strahlt nüchterne Bescheidenheit aus.
Der Betriebswirt zählt Beispiele auf, wie Menschen von Deichmann profitieren. Mitarbeiter erhalten eine Betriebsrente. Wer in Not ist, dem hilft eine Unterstützungskasse. „Und jeder Mitarbeiter kann eine Woche seines Urlaubs auf Firmenkosten in einer Schweizer Klinik verbringen und dort lernen, wie er gesünder leben kann”, sagt Deichmann. Zugleich steckt der Schuhspezialist einen Teil des Gewinns in soziale Projekte, nicht nur in Deutschland. Wie hoch der Anteil ist, sagt Deichmann nicht. Und Deichmann-Kunden erhielten gute Schuhe zu günstigen Preisen – in mehr als 2300 Filialen in Deutschland, Europa und den USA.
Der Geschäftserfolg ist die Grundlage für das Wirken der Essener. „Soziales können wir nur finanzieren, wenn es dem Unternehmen gut geht”, betont Deichmann. Daher muss der Schuhhändler modisch am Ball bleiben, Qualität liefern und die Preise niedrig halten. Zudem kaufte Deichmann in den vorigen Jahren kräftig ein, unter anderem die Schuhmarken Gallus und Elefanten.
"Wenn wir weniger verdienen, ist das kein Beinbruch"
Dieses Geschäftskonzept scheint aufzugehen. Die Essener steigerten 2007 ihre Erlöse auf den Rekordwert von 2,9 Milliarden Euro und verkauften 122 Millionen Paar Schuhe. Dafür verantwortlich waren die rund 13 700 Mitarbeiter in Deutschland und weitere 12 800 im Ausland. Zum Ergebnis macht Deichmann – familienfirmentypisch – keine Angaben. Der Unternehmer sagt lediglich: „Wenn wir etwas weniger verdienen, ist das auch kein Beinbruch.”
Wie ist man erfolgreich angesichts des heftigen Wettbewerbs in der Schuhbranche? In Deutschland ist die Massenfertigung längst zu teuer geworden. Also zog die Schuhkarawane gen Osten. Vor allem Chinesen, aber auch Inder und Kambodschaner stellen Deichmann-Schuhe her.
Faire Arbeitsverhältnisse im Blick
Auch im Ausland hat Deichmann faire Arbeitsverhältnisse im Blick. Zulieferer werden auf Sozialstandards wie Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit verpflichtet, unabhängige Experten überprüfen die Werke regelmäßig. Verstöße in Zuliefererfabriken gibt es trotzdem. „Schwere Fälle wie Diskriminierung und Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte haben wir aber sehr selten”, so Deichmann. „Leichtere Verstöße, vor allem was Arbeitszeiten angeht, passieren dagegen immer mal wieder.” In jedem Fall rede Deichmann mit dem Zulieferer, um diese Missstände abzustellen. Noch eines ist ihm wichtig: „In der Regel zahlen unsere Fabriken deutlich über dem Mindestlohn – wir brauchen ja die Fachkräfte”, sagt Deichmann.