Essen. Der Essener Unternehmer Heinz-Horst Deichmann erhält den Leibniz-Ring-Hannover für sein Lebenswerk. Im Interview wettert der bekennende Christ gegen kurzfristige Profithascherei und wirbt für ein verantwortliches Miteinander.
Das Kuratorium hat sich entschieden: Für sein Lebenswerk wird der Essener Unternehmer Heinz-Horst Deichmann in diesem Jahr mit dem renommierten Leibniz-Ring-Hannover ausgezeichnet. Damit reiht sich der 82-Jährige in einen Reigen prominenter Namen wie Roman Herzog und Bernhard Vogel ein. WAZ-Volontär Marc Wiegand sprach mit Deichmann, der in Essen sieben Filialen betreibt, über bunte Sandalen, das Geheimnis des Erfolgs und Wege aus der Wirtschaftskrise.
Herr Deichmann, Sie haben mich gerade zum ersten Mal in Ihrem Leben gesehen. Worauf haben Sie zuerst geachtet?
Deichmann: (schmunzelt) Ich fange immer bei den Schuhen an, sogar bei Frauen. Das ist leider so. Ich achte danach natürlich auch auf Anderes.
Ein guter Schuh muss gefallen
Was macht für Sie ein gutes Schuhwerk aus?
Deichmann: Ein guter Schuh muss gefallen, er muss passen und dem Zweck dienen, für den er angeschafft worden ist.
Wie gefallen ihnen aktuelle Modetrends wie die bunten Crocs-Sandalen?
Deichmann: Die sind seit zwei Jahren in großen Mengen verkauft worden. Das war ja fast eine Massen-Hysterie. Ich habe zu Hause auch ein Paar, aber die trage ich eigentlich nie.
Ihnen gehört ein Schuh-Imperium mit über 1000 Standorten in Deutschland. Wie begründen Sie Ihren unternehmerischen Erfolg?
Deichmann: Ich stamme aus Essen. Ich kenne die Wünsche und Möglichkeiten der Leute hier. Das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Ich habe mir Fabrikanten gesucht, die Markenqualität zu vernünftigen Konditionen produzieren. Wir haben auch ständig an unserem Warenwirtschaftssystem gefeilt und früh die Vernetzung der Filialen vorangetrieben.
Dabei sind Sie ein Quereinsteiger, haben Theologie und Medizin studiert.
Preisgeld und Ring
Weil er laut Kuratorium eine „vorbildliche Unternehmerpersönlichkeit” ist, kann Deichmann einen extra für ihn hergestellten Ring sowie ein Preisgeld in Höhe von 15 000 Euro entgegennehmen.
Einen Teil des Geldes spendet er wahrscheinlich dem Hilfswerk „Wort & Tat”.
Deichmann: Ich bin kein Betriebswirt und stolz darauf. Der Grundsatz, rational zu erzeugen, liegt ja in der Natur der Sache. Entscheidend ist zudem, dass man ein partnerschaftliches Verhältnis zu den Fabrikanten und Mitarbeitern pflegt. Daher haben wir für die Angestellten Dinge wie eine zusätzliche Altersversorgung und eine Unterstützungskasse für Notfälle eingerichtet.
Nicht in kürzester Zeit die größtmögliche Rendite erzielen
Wie erklären Sie sich die schwere Wirtschaftskrise?
Deichmann: Wenn man als Unternehmensziel nur die kurzfristige Gewinnmaximierung ausgibt, dann gibt es solche Exzesse mit Leuten, die für große Boni fast alles tun. Sicher muss ein Unternehmen wachsen. Es sollte jedoch nicht darum gehen, in kürzester Zeit die größtmögliche Rendite zu erzielen, sondern langfristig das Unternehmen und die Mitarbeiter im Auge zu behalten. Kontinuität tut gut.
Ist Deichmann krisenfest?
Deichmann: Wir sind ja in 19 Ländern tätig. Amerika liegt ein bisschen unter den Umsatzzielen, aber ansonsten hat uns die Krise bislang nicht getroffen. Hier stimmen die Bedingungen. Wir können uns auf sehr engagierte Mitarbeiter verlassen und stellen auch in diesem Jahr in Deutschland wieder neue Leute ein.
Welche Auswege aus der Krise sehen Sie generell?
Deichmann: Alles schreit nach der Hilfe vom Staat. Konzentriert und vielleicht härter zu arbeiten, das zählt. Es geht um ein verantwortliches Miteinander, ohne zu viele Hilfen von außen zu erwarten.
Apropos Verantwortung, als überzeugter Christ übernehmen Sie diese nicht nur für ihre Mitarbeiter.
Deichmann: Mein Vater hat sich schon um Arme und Kranke gekümmert und um Juden in seiner Nachbarschaft nach der sogenannten Kristallnacht. Das Evangelium weiterzusagen, ist ein großes Anliegen der ganzen Familie.
Jungen Leuten beistehen
Ihre Stiftung unterstützt in Essen neben Einrichtungen wie der Folkwang Musikschule und der Alten Synagoge beispielsweise „Sicherer Start”, eine Lebenshilfe für junge Schwangere.
Deichmann: Ich glaube, man muss solchen jungen Leuten beistehen, damit sie Mut bekommen, sich zu ihrem Kind zu bekennen. Wenn wir solche Menschen alleine lassen, ist dies ein Schaden fürs Leben und für die Gesellschaft.
Wie verwenden Sie das Preisgeld des Leibniz-Rings?
Deichmann: Es ist gut möglich, dass ein Teil in das christliche Hilfswerk „Wort und Tat” nach Tansania fließt. Ich war erst in der vergangenen Woche dort. Insbesondere der Süden ist eine unterentwickelte Region. Wir unterstützen medizinische Projekte und die Bekämpfung des Analphabetismus.