Rom. Benedikt XVI. besucht die italienische Erdbebenregion. In völlig zerstörten Onna versucht er, den Menschen Mut zu machen.

Es regnet und stürmt wie im tiefen Winter. Deshalb reist der Papst nicht mit dem Hubschrauber, sondern mit dem Auto an. „So ist er mitten unter uns”, freut sich eine Zeltstadtbewohnerin in Onna, der vom Erdbeben am 6. April beinahe komplett zerstörten Ortschaft vor L'Aquila in den mittelitalienischen Abruzzen.

Sie bilden eine Menschentraube unter Schirmen, Benedikt XVI. und die Leid geprüften 280 Anwohner, von denen nahezu jeder einen Angehörigen verloren hat. Kein einziges Haus im Dorf blieb heil. „Jetzt bin ich hier, um Euch alle zu umarmen”, sagt das Kirchenoberhaupt in seiner ergreifenden Ansprache und steht dabei auch körperlich den Menschen so nahe wie selten bei anderen Anlässen. Er habe den Mut, die Würde und den Glauben bewundert, mit denen sie ihre harte Prüfung auf sich genommen hätten, fährt er fort. Junge Witwen tröstet er und gebrechliche Greise, auch ein kleines, zweijähriges Mädchen küsst der Papst: die jüngste Obdachlose im Dorf. „Er hat uns Mut gemacht”, sagt später ein Anwohner.

„Böse Geschichte in eine gute Erfahrung zu verwandeln”

Onna ist die Ortschaft, auf die auch die Bundesrepublik ihre Wiederaufbauhilfe für die Erdbebenzone konzentrieren will. Dafür gibt es einen besonderen Grund. Am 11. Juni 1944 hatte die deutsche Wehrmacht in dem Ort 17 Zivilpersonen erschossen – angeblich ein Racheakt. Jetzt sei eine einmalige Gelegenheit, „böse Geschichte in eine gute Erfahrung zu verwandeln”, meint der deutsche Italien-Botschafter Michael Steiner.

Beim Gang durch die Stadt besucht der bayerische Papst daher auch die „Straße der Märtyrer”, stoppt hier vor der Ruine mit der Hausnummer 26. Die Fassade mit der Gedenktafel zu jenem Massaker trotzte dem Beben.

Kurz darauf macht der Papst erneut Halt; dieses Mal, um einen Vorgänger zu ehren. Der Schrein mit den Überresten von Papst Zölestin V. (1210 bis 1296) ist unversehrt aus den Trümmern geborgen worden. Jetzt ruht er in der einst so schönen romanischen Basilika Santa Maria di Collemaggio, von der nur ein paar Wände stehen blieben. Benedikt XVI. traut sich ohne Schutzhelm hinein – die Erde in den Abruzzen bebt noch immer – und betet vor dem Schrein, schmückt ihn aber auch mit einem ganz besonderen Geschenk. Er legt sein Pallium aufs gepanzerte Glas, jene symbolträchtige Stola mit den schwarzen Kreuzen, die er bei Beginn seines Pontifikats trug.

„Ein besserer Ingenieur”

In der Regionalhauptstadt L'Aquila trifft der Papst auf zwölf Studenten. Sie lebten in einem Wohnheim, das mutmaßlich wegen Pfuschs am Bau beim Erdbeben wie ein Kartenhaus in sich zusammen fiel – und acht der 180 Bewohner unter sich begrub. Schuhe und Bücher liegen noch immer unter dem Schuttberg. „Werden Sie „ein besserer Ingenieur” empfiehlt Benedikt einem der Studenten. So zeigt er, dass er durchaus um die Bausünden weiß, die die Auswirkungen des Erdbebens verschlimmert haben sollen.

Bei allen kommt der Papst gut an. Brausenden Applaus aber erntet Benedikt schließlich für seinen letzten Satz vor der Abreise. In Anspielung auf die viel gerühmte Tatkraft der Abruzzen-Bewohner und auf den Stadtnamen (Aquila=Adler) verspricht er da: „Der Adler ist verletzt, aber er wird wieder fliegen.”

Spendenkonto: Deutsche Botschaft Rom, Verwendungszweck „Erdbeben Onna”, Deutsche Bank Berlin, IBAN: DE 92100700000904044500.

Mehr zum Thema: