Essen. Viele Anbieter von Handy-Klingeltönen und Spielen sind Verbraucherschützern ein Dorn im Auge - wegen undurchsichtiger Geschäftsbedingungen. Verbraucherminister Uhlenberg fordert schärfere Kontrollen der Anbieter. Sie sollen die Kosten für mobile Inhalte klar beziffern.
So werden Jugendliche zum Zuschlagen verlockt: Du willst wissen, ob dein Partner dich betrügt? Du möchtest Freunde bespitzeln? Vielleicht willst du nur wissen, ob du klug bist, morgen stirbst – oder wie dein Baby heißen könnte. Darauf antwortet dein Handy – wenn du die richtigen Programme herunterlädst.
Dies etwa ist die Quintessenz, mit der die Anbieter mobiler Inhalte auf TV-Sendern wie Viva und MTV oder im Internet für die Handy-Anwendungen werben – die natürlich nicht ernst gemeint sind. Solche so genannten Fun Applications und Handyspiele gelten neben herunterladbaren Liedern zunehmend als neue Goldgrube, da der Profit mit Klingeltönen trotz plärrender „Schnuffel”-Hasen schrumpft.
Seit Jahren laufen Verbraucherschützer Sturm gegen Abofallen und angebliche Gratisangebote in der Klingelton-Branche. Heftig in der Kritik sind auch die Werbespots, die die Preise für Klingeltöne oder Handyspiele oft nur sehr klein anzeigen.
"Gesetzlichen Rahmenbedingungen zu lax"
NRW-Verbraucherminister Eckhard Uhlenberg (CDU) fordert nun eine stärkere Überwachung der Anbieter im Hinblick auf deren Preisangaben: „Die geltenden Regeln der Preisangabenverordnung müssen deutlich schärfer kontrolliert werden”, sagte Uhlenberg dieser Zeitung. Oftmals gingen die Angaben zum Preis in den blinkenden Werbespots unter, wodurch junge Menschen leichter den Verlockungen unterlägen, heißt es aus dem Verbraucherministerium.
Falk Lüke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen reicht das nicht: „Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind zu lax. Vermeintliche Angebote, die in Abos enden, müssten verboten werden.” Uhlenberg findet dagegen: „Mit weitergehenden Verboten wird man unseriösen Anbietern kaum wirksam begegnen können.” Er betont: „Wir setzen auf eine bessere Information junger Menschen”.
2008 prüften die Verbraucherschützer EU-weit etwa 560 Anbieter – und kamen zu einem vernichtenden Urteil: Rund 80 Prozent hätten gegen geltendes Recht verstoßen, sagte EU-Verbraucherkommissarin Meglena Kuneva und watschte die Branche ab: „Es ist klar, dass die Verbraucher abgezockt werden.”
Weniger schlecht fiel der Test in Deutschland aus: Von 30 Anbietern stuft die Wettbewerbszentrale 20 als unseriös ein. „Die häufigsten Verstöße betrafen irreführende Angaben zu Preis und Leistungsmerkmalen des angebotenen Dienstes”, so das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit BVL.
Keine große Wandlung zum Positiven
Die Branche gelobte Besserung, aber: „Es hat sich nicht viel zum Positiven gewendet”, sagt Lüke. Auch das BVL berichtet weiter von irreführenden Preisangaben, versteckten Abo-Kosten, unauffindbaren Vertragsbedingungen und Kontaktdaten zu Anbietern.
Juliane Walther vom Klingeton-Riesen Fox Mobile Distribution, zu dem Jamba gehört, warnt davor, alle Firmen über einen Kamm zu scheren. Das Image der Branche leide unter „einigen unseriösen Anbietern”. Pikant: Im Mai reichte die Wettbewerbszentrale eine Klage gegen Jamba Österreich ein. „Insgesamt haben wir dieses Jahr vier Klagen gegen Anbieter mobiler Inhalte eingereicht”, sagt Reiner Münker, Geschäftsführer der Wettbewerbszentrale.
Dass die Anbieter ihre Geschäftspraktiken von sich aus ändern, glaubt Verbraucherschützer Lüke nicht. Zu lukrativ ist das Geschäft. So prognostizierte das Idate-Institut für 2012 einen weltweiten Umsatz mit Handyspielen von 6,5 Milliarden Euro. Die Marktforscher von iSuppli rechneten vor zwei Jahren aus, dass der Markt für mobile Inhalte bis 2011 auf 44 Milliarden Dollar wächst. Dabei ist das Geschäft mit Klingeltönen rückläufig. Laut Branchenverband Bitkom zahlten die Bürger in Deutschland 2008 rund 39 Millionen Euro für 16 Millionen Klingeltöne. 2007 waren es 23 Millionen Klingeltöne.
Nicht jeder Vertrag ist gültig
Die Werbung für Klingelton & Co läuft vor allem auf Musiksendern. Bei MTV dürften die Spots von 16 bis 24 Uhr nicht ausgestrahlt werden, sagt Colin Lenz von MTV. Auf Viva hingegen gebe es keine Beschränkung. So laufen weiter Spots für Fun-Applications wie „Partner Tracker”. „Hier werden die Jugendlichen für dumm verkauft. Die Betreiber appellieren an deren Spieltrieb”, sagt Lüke und verweist darauf, dass nicht jedes Abo rechtmäßig ist. „Kinder unter sieben Jahren sind nicht geschäftsfähig”, sagen Verbraucherschützer. Bei Heranwachsenden zwischen sieben und 18 Jahren gelte der „Taschengeldparagraph”: Der Jugendliche kann Verträge über Dinge abschließen, die er sich vom Taschengeld leisten kann, und die nicht zu seinem Nachteil sind. Ein Vertrag sei auch dann rechtens, wenn die Eltern zugestimmt haben.
Anders verhält es sich, wenn der Handyvertrag etwa über die Eltern läuft und diese den Kauf etwa von Klingeltönen nicht erlaubt haben. „Die Eltern müssen dies dem Vertreiber binnen 14 Tagen schriftlich mitteilen”, sagen Experten. Der Anbieter müsse die Kosten zurücküberweisen. „Vor Mahnungen braucht man dann keine Angst haben, man soll auch nichts bezahlen.”