Nur eine verschwindent geringe Minderheit greift in die neuen Fortbildungs-Töpfe. Die IG Metall befürchtet einen Fachkräftemangel nach der Krise. Die Landesarbeitsagentur hält die jüngste Gesetzesänderung für kontraproduktiv

Essen. Die Idee klang bestechend: Wenn schon hunderttausende Menschen zur Kurzarbeit gezwungen sind, sollen sie sich in dieser Zeit weiterbilden, statt zu Hause zu sitzen. Also legte die Bundesregierung ein neues Qualifizierungsprogramm für Kurzarbeiter auf und zapfte dafür den Europäischen Sozialfonds (ESF) an. Der einzige Haken daran: Betriebe und Kurzarbeiter spielen nicht mit.

Bundesweit wurden von Januar bis Mai ganze 7621 Kurzarbeiter mit ESF-Mitteln qualifiziert. In NRW waren es 1538. Bei einer geschätzten Kurzarbeiterzahl von mehr als einer Viertelmillion allein in NRW dümpelt die Quote im Promille-Bereich. Für die IG Metall Grund genug, die schöne Idee als gescheitert zu betrachten. Denn eigentlich waren sich alle einig: Um für den nächsten Aufschwung gerüstet zu sein, wäre es sinnvoll, fehlende Qualifikationen nachzuholen. Jetzt befürchtet Oliver Burkhard, Chef der IG Metall in NRW, „dass wir aus der Krise direkt in die Fachkräftelücke stolpern.”

Auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) hält die Bilanz für mager. Christiane Schönefeld, BA-Chefin in NRW, zeigt aber auch Verständnis für die Betriebe: „Viele kleine und mittelgroße Betriebe kämpfen ums Überleben. Die haben zurzeit keinen Kopf für Weiterbildung.” Um die Qualifizierung in Kurzarbeit doch noch anzuschieben, plane die BA im Juli eine neue Werbeaktion mit den Kammern.

Allerdings steht der Gesetzgeber seiner Idee inzwischen selbst im Weg. Bisher nahm er dem Arbeitgeber die Sozialbeiträge nur in voller Höhe ab, wenn der seine Kurzarbeiter qualifizierte. Nun fallen sie nach sechs Monaten automatisch weg. „Das ist für die Weiterbildung kontraproduktiv, weil der finanzielle Anreiz wegfällt”, so Schönefeld. „Dann macht das gar keiner mehr”, befürchtet Gewerkschafter Burkhard.

Aus dem ESF werden Fortbildungen für Fachkräfte finanziert. Es geht darum, neue Qualifikationen zu erlernen, die nicht nur dem aktuellen Arbeitgeber nützen, sondern auch für andere Tätigkeiten hilfreich sein könnten. Das kann ein Kurs in Wirtschaftsenglisch sein oder ein Gabelstaplerschein. Für Geringqualifizierte gibt es Bildungsgutscheine. Davon werden derzeit in NRW 1226 genutzt.