Essen. Die Wirtschaftsforscher korrigieren ihre Konjunktur-Prognosen immer weiter nach unten. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet gar damit, dass die Wirtschaft um 7,0 Prozent in diesem Jahr schrumpft. Kritik an den Prognosen kommt von dem Bremer Ökonom Rudolf Hickel.
Die Schlagzahl der Prognosen nimmt zu – so wie die Zahlen hinter dem Minuszeichen. Seit Jahresbeginn überbieten sich die Wirtschaftsinstitute und Bankana-lysten sowie Internationaler Währungsfonds und OECD in ihren Schätzungen, wie sich die Wirtschaft in diesem Krisenjahr wohl entwickeln wird. Binnen weniger Wochen haben sich die Negativ-Schätzungen der meisten Forscher mindestens verdoppelt.
Die Voraussagen werden negativer
Am Montag erhöhte das Rheinisch-Westfälische Institut (RWI) in Essen von 2,0 auf 4,3 Prozent Schrumpfung. Das gewerkschaftsnahe IMK der Hans-Böckler-Stiftung überbot mit 5,0 nach 2,3 Prozent. Der Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer schrieb mit seinen sieben Prozent die dicksten Schlagzeilen.
RWI und IMK erwarten zudem einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit, die 2010 wieder Richtung fünf Millionen gehen könne.
"Nebenwirkungen sind größer als der Nutzen"
Aus der Politik, aber auch der Wirtschaftswissenschaft mehren sich indes Stimmen, die sich eine Prognose-Pause wünschen. „Es stimmt ja: Wir stecken in einer tiefen Rezession. Aber das Ausmaß lässt sich nicht seriös bestimmen”, sagt der Bremer Rudolf Hickel. Er kritisiert, dass mit „Modellen von gestern” gerechnet werde, die nicht mehr zu den durch diese Krise veränderten Verhältnissen passten. Ob die Prognosen zuträfen, sei purer Zufall. „Wir brauchen eine ganz neue Krisentheorie.”
Hickel hält die psychologische Wirkung solcher Prognosen für gefährlich. Die Nebenwirkungen seien größer als der Nutzen. „Der Verbraucher kann für sich ja gar nichts daraus ableiten. Was bleibt, ist das dumpfe Gefühl, dass wir im Dreck stecken.” Dabei müsste eher die Frage beantwortet werden, wie man jetzt gegensteuern könne.