Essen. Nicht nur Lehrer werden im Netz benotet: Auch Ärzte, Uni-Professoren, Handwerker, Hotel- oder Restaurantbesitzer müssen sich öffentliche Online-Bewertungen gefallen lassen. Ganz zu schweigen von den Bewertungen für Käufer und Verkäufer in Internet-Auktionshäusern.

„Preis stimmt, Termin wurde eingehalten, gute Arbeit.” So oder ähnlich äußern sich zufriedene Kunden über den Maler, den sie für die Renovierung ihres Wohnzimmers engagiert haben. Früher machten sie das im Freundeskreis. Heute immer öfter im Internet. Mal durch kurze Kommentare, mal durch Beantworten von Fragen, die der Portalbetreiber ihnen stellt.

Die Seiten, auf denen Urteile über Handwerker aber auch über ihre Auftraggeber nachzulesen sind, heißen www.myhammer.de oder www.blauarbeit.de. Ärzte müssen sich schon seit längerem unter www.doc-insider.de oder www.imedo.de der Kritik ihrer Patienten stellen. Fast schon ein Klassiker ist die Bewertung von Hotels im Internet. Disco bis um vier Uhr nachts statt der angekündigten ruhigen Lage oder miserabeles Essen, immer öfter verschaffen Urlauber ihrem Ärger online Luft.

Professoren bei „meinprof.de” auf Prüfstand

Neben den Lehrern stehen übrigens auch Hochschuldozenten längst auf dem Prüfstand. „meinprof.de” nennt sich die Seite, die Tausende Professoren und Dozenten aus ganz Deutschland nach Hochschulen getrennt auflistet – inklusive Bezeichnung ihres Fachgebietes und Benotungen oder Kommentare zu ihren Lehrveranstaltungen

Eines haben all diese Meinungsportale gemeinsam: Sie basieren auf rein subjektiven Erfahrungen der Betroffenen, die sich fast immer anonym äußern können. Und von „repräsentativ” kann angesichts der oft geringen Bewertungszahl längst nicht immer die Rede sein.

In „spickmich.de” erfüllt sich der Traum ganzer Schülergenerationen: Kindern geben ihren Lehrern Noten. „Kopfnoten” sogar, ganz klassisch von 1 bis 6. Die Jungs und Mädchen sagen, ob ein Pädagoge „cool und witzig” ist, „beliebt”, „menschlich” und „fair”. Die Kategorien „sexy” und „leichte Prüfungen” sind vor zwei Jahren nach öffentlichem Druck aus dem Portal verschwunden.

So mancher Pauker spürt, dass solche Noten bitter wehtun können. „Spickmich hat eine Ventilfunktion. Schüler können sich dort austauschen und Dampf ablassen”, weiß der Jurist und IT-Experte Michael Bohne von der Universität Münster. Bohne hat sich mit den Persönlichkeitsrechten im Cyberspace beschäftigt, und er glaubt, dass die Gesetze, die wir heute haben, auch für die Klärung solcher Internet-Streitigkeiten taugen. „Auf keinen Fall dürfen die Persönlichkeitsrechte im Internet geringer geachtet werden.”

An der Uni wirkt es

Bohne glaubt indes, dass „spickmich.de” nicht in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte von Lehrern eingreife. Ähnlich sah dies letztes Jahr auch das Oberlandesgericht Köln. Bohne: „Ein Lehrer stellt sich in gewisser Weise in die Öffentlichkeit, ebenso ein Arzt oder ein Professor. Äußerungen über diese Personen sollten also durchaus erlaubt sein. Es ist doch auch sonst normal, dass Patienten auf der Straße darüber reden, welcher Arzt sich Zeit nimmt, welcher privat Versicherte bevorzugt. Wenn dahinter keine klare Schmähkritik steckt, dann sollte man das tolerieren.”

In den Hochschulen, hat Bohne beobachtet, nehme sich mancher Dozent schlechte Beurteilungen in „meinprof.de” durchaus zu Herzen. „Die sehen dann zu, dass sich ihr Ruf wieder verbessert.” Im Übrigen seien die Noten in den Bewertungsportalen nicht selten dicht an der Wahrheit. „Es gibt so etwas wie die Weisheit der Masse.” Was heißen soll, dass sich hinter einer 5 oder 6 für einen Lehrer nicht immer nur die reine Schüler-Bosheit versteckt.