Essen. RTL schickt mittwochs sechs „Teenager außer Kontrolle” in ein Erziehungscamp ins amerikanische Colorado und knüpft ans Erfolgsformat „Die Ausreißer” an. Diese Serie war ein Quotenrenner.

Jenifers (14) Spitzname ist „Terrorkrümel”. Cristina (15) mit dem blauen Irokesenschnitt lebt am Bahnhof. Und der Komasäufer Kevin (16) schlägt seine Eltern. Sie und drei weitere „Teenager außer Kontrolle” hat RTL ausgegraben. Siebenmal mittwochs um 20.15 Uhr zeigt RTL, wie die Jugendlichen versucht haben, in einem Erziehungscamp im amerikanischen Colorado bessere Menschen zu werden.

Das Erziehungstipps-Konzept hat bei der „Super Nanny” schon bestens funktioniert. Nun schickt RTL also Jugendliche ins Quotenrennen. Scheinbar erfolgreich, denn die außer Kontrolle geratenen Teenager gehen bereits in die dritte Staffel. Und es gibt noch ein ähnliches Format.

Und das ist der Grund, weshalb es sich lohnt, etwas genauer hinzuschauen und die Sendung nicht als „überdramatisierte Doku” abzuhaken. Die RTL-Reihe „Die Ausreißer” lief in der vergangenen Woche aus und lockte zum Schluss noch einmal 4,69 Millionen Zuschauer vor das TV-Gerät. Streetworker Thomas Sonnenburg holte obdachlose Jugendliche unter Brücken hervor und versuchte, sie zurück ins normale Leben zu holen. Dafür gab's 2008 den deutschen Fernsehpreis und eine Nominierung für den Grimme-Preis 2009.

„Teenager außer Kontrolle” funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip. Mit dem schwierigen Sextett beschäftigt sich aber kein Straßensozialarbeiter. Die drei Jungs Moritz, Kevin und Andreas sowie Cristina, Jenifer und Linda werden in die USA geschickt, um unter pädagogischer Aufsicht Zusammenleben zu trainieren.

Das haben die Jugendlichen auch verdammt nötig, suggeriert die erste Folge. Es fallen viele Schimpfworte, vor allem gegen die Eltern. Fast alle rauchen und trinken Alkohol, ein paar haben schon Jugendstrafen hinter sich. Sie entsprechen also sämtlichen Klischees – und unterlegt ist die ganze erste Folge auch noch mit kitschiger Musik. Als die Jugendlichen in Denver landen, ertönt „Today is the greatest day” von den Smashing Pumpkins. Tolles Drehbuch.

Doch trotz dieses durchschaubaren Konzepts ist die Serie nicht uninteressant. Sie bereichert – ungewollt, weil schon lange vorher geplant – die Diskussion über Jugendliche ohne Zukunftschancen, die der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann im Februar angestoßen hatte. Wie sehen diese Jugendlichen aus? Warum reißen sie aus? Was lässt sich dagegen unternehmen? Wenn die 16-jährige Linda, zu Hause eine Schlägerin, im Gespräch mit der Chef-Therapeutin Annegret Noble bitterlich weint und Noble dann sagt: „Die Tränen transportieren ihre Schmerzen nach draußen”, dann ist das sehr authentisch.

Natürlich sind voyeuristische Vorbehalte richtig und so mancher wird vor dem Bildschirm „Guck dir die Eltern an” denken und lachen. Doch das ist ungerecht.