Düsseldorf. Eon-Chef Wulf Bernotat hat überraschend angekündigt, ab Frühjahr 2010 nicht mehr als Vorstandschef zur Verfügung zu stehen. Das habe persönliche Gründe, erklärte er. Aber auch die Unwucht im Geschäft und sein starker Stellvertreter könnten dabei eine Rolle gespielt haben.

Die Essener Grugahalle ist dem breiten Publikum als ein Ort großer Auftritte bekannt. In zwei Wochen steht Schlagerkönig Michael Wendler auf der Bühne, im Juni Mario Barth. In der Energiewirtschaft hingegen macht sich die Grugahalle derzeit einen Namen als Ort des Rückzugs. Vor zwei Wochen war es Thomas Fischer, der die gut 4000 Aktionäre auf der RWE-Hauptversammlung mit seinem Abgang vom Chefposten des Aufsichtsrates überraschte. Am Mittwoch war es Wulf Bernotat, der ankündigte, nach Auslaufen seines Vertrages im Frühjahr 2010 nicht mehr als Vorstandschef des Düsseldorfer Energiekonzerns Eon zur Verfügung zu stehen. „Man muss wissen, wann der richtige Zeitpunkt ist – und ich glaube, ich habe ihn gewählt”, sagte Bernotat.

Der ganze Manager ist gefordert

Über die Frage eines Rückzugs des 60-Jährigen ist freilich schon seit Monaten gemunkelt worden. Schließlich sind die Weichen für eine Nachfolge früh gestellt worden – mit der Installation von Johannes Teyssen (50), der als Chief Operating Officer (COO) seit 2007 im Vorstand des Eon-Konzerns Verantwortung trägt und vor gut einem Jahr zu Bernotats Stellvertreter bestellt wurde. Mit diesem Schritt sollte Bernotat, der in Essen lebt, mehr Raum bekommen, um ins politische Geschäft einzugreifen.

Auslaufen der Atomenergie, wichtige Richtungsentscheidungen beim Handel mit Verschmutzungsrechten, wachsende Widerstände gegen die Verstromung von Kohle und ein miserables Image der Branche wegen starker Preiserhöhungen bei Gas und Strom – diese Gemengelage forderte einen ganzen Manager, die Entlastung durch einen COO war plausibel.

Harter Kampf mit Endesa

Aufsichtsratschef Ulrich Hartmann dürfte aber neben der Entlastung von Bernotat auch die Nachfolge des seit sechs Jahren amtierenden Managers im Sinn gehabt haben. Bernotat, der ein gestandener Energiemanager mit vielen internationalen Stationen bei Shell in London und Lissabon und später wieder London ist, nahm sich der politischen Überzeugungsarbeit durchaus beherzt an, zuweilen auch zu beherzt. Seine geradlinige, sehr direkte Art ging aber schon mal nach hinten los. Etwa, als er im September 2007 in der Bild-Zeitung kund tat, Strom sei noch zu billig. der Manager, promovierter Jurist, denkt in absolut stringenter Logik und argumentiert auch so – zuweilen, ohne die folgenden Schlagzeilen zu bedenken.

Seinen unternehmerisch wohl härtesten Kampf hatte Bernotat nicht bei seinen früheren Stationen, auch nicht als Chef der Stinnes AG in Mühlheim an der Ruhr zu kämpfen, sondern 2006, als er sich anschickte, mit der Übernahme des spanischen Endesa-Konzerns Eon zum internationalsten Energiekonzern der Welt zu machen. Ein Megadeal über 55 Milliarden Euro – der letztlich an der spanischen Jägerzaun-Politik scheiterte. Einige Teile durfte Eon am Ende kaufen, die allerdings bescheren jetzt in Italien und Spanien Abschreibungen von 1,8 Milliarden Euro.

Unwucht im Geschäft

Es lief plötzlich nicht mehr rund bei Eon, viel gerühmt wegen seiner Förderung der Nachwuchsmanager, es machte sich Unsicherheit breit. Der ewige Rivale RWE aus Essen wird von dessen Aktionären gerühmt, endlich den „roten Bruder” aus Düsseldorf überholt zu haben.

Ein starker Stellvertreter, eine Unwucht im Geschäft, noch dazu Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, die Bernotat das Kostensparprogramm übel nehmen – da braucht es nicht einmal die Unzufriedenheit des Aufsichtsratschefs, um einen Vertrag nicht zu verlängern.

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