Berlin. Stabhochspringerin Jelena Isinbajewa siegt beim Istaf in Berlin und will irgendwann noch 5,20 Meter schaffen.

Erster Saisonstart, erster Saisonsieg, dazu noch eine Weltjahresbestleistung: Jelena Isinbajewa gewann beim Istaf in Berlin den Stabhochsprung-Wettbewerb mit 4,83 Metern und bleibt nach dem ersten Golden-League-Meeting im Rennen um den Millionen-Jackpot. Und trotz des Erfolgs musste sich die 27-jährige Russin fast schon entschuldigen, dass sie diesmal keinen Weltrekord aufstellte. Aber mit ihrem erfrischenden Lächeln hatte sie die Leichtathletik-Fans sofort auf ihrer Seite.

Zwei bis drei Weltrekorde

„Ich bin schon in recht guter Form, aber noch längst nicht in der besten”, hatte Isinbajewa schon vor ihrem Saisonstart in Berlin gesagt, ehe sie nach einer klitzekleinen Redepause schnell hinzufügte: „Ich will in diesem Jahr mindestens zwei bis drei Weltrekorde aufstellen.” Wenn die junge Frau aus Taschkent, die seit Jahren in Italien lebt, solche Voraussagen trifft, ist keine Spur von Arroganz oder gar Großmäuligkeit zu erkennen. Allein die Fakten sprechen für Isinbajewa: Zweimal holte sie olympisches Gold, zweimal wurde sie Weltmeisterin, sie sprang als erste Frau über 5 Meter und stellte 26 Weltrekorde auf.

Aber nicht nur die sportlichen Fakten sprechen für die Russin. Sie bringt alles mit, was man im 21. Jahrhundert braucht, um zum globalen Weltstar des Sports zu werden. Attraktives Äußeres, sympathisches Auftreten und viele, viele Erfolge: Das Gesamtpaket Isinbajewa hat noch längst nicht seinen Höchstkurs erreicht. Die Gazetten haben die Überfliegerin, die Kosmonautin der Leichtathletik, weltweit mit plakativen Titulierungen versehen. Der Rubel rollt für die Russin, auch wenn sie sich längst in Dollar entlohnen lässt.

Neue Dimension

Jetzt ist Isinbajewa in eine neue Dimension vorgestoßen. Für 7,5 Millionen Dollar hat sie einen Vertrag mit dem früheren chinesischen Turn-Olympiasieger Li Ning abgeschlossen. Dessen Sportartikelfirma will mit der Nummer eins der Leichtathletik den Marktführern Nike und Adidas noch näher rücken. Von einem so hoch dotierten Kontrakt wie der von Isinbajewa kann selbst ein Usain Bolt bisher nur träumen.

Isinbajewa weiß, was sie ihrem chinesischen Partner schuldig ist. Und so erzählt sie, dass sie ohne diesen neuen Vertrag vielleicht gar nicht mehr starten würde. „Ich war nach meinem Olympiasieg in Peking so müde, so ausgelaugt” sagt sie, „der Kontrakt mit Li Ning hat mein Leben verändert, er hat neuen Wind gebracht.” Nach den ersten Verhandlungen wollte sie sich an Li Ning bis 2012 binden. Mit einem Olympiasieg in London wollte sie sich nach vielen Jahren der täglichen Trainingsfron ins Privatleben verabschieden. Sie sprach schon von Familie und Kindern. Doch dann ließ sie sich überzeugen, dass die WM 2013 in Moskau der viel bessere Abschluss ihrer so einzigartigen Karriere sei.

Schon alles gewonnen

Aber bis dahin hat sie noch viel vor, obwohl sie eigentlich schon alles gewonnen hat. Sie will nicht nur die angefochtene Nummer eins bleiben, sie will sich mit ihrem Stab noch um einiges höher über die Latte schlängeln, als sie es ohnehin schon getan hat. „Die Chinesen behandeln mich wie eine Königin. Aber so höflich sie sind, bei ihnen zählt nur der Sieger”, sagt Isinbajewa.

Bei 5,05 Meter steht ihr Weltrekord. „Das ist längst nicht meine Grenze”, stellt sie klar. Aber was ist noch möglich? „Ich weiß es nicht genau”, antwortet sie. „Mein Trainer Witali Petrow hält 5,20 Meter für möglich”, sagt sie. 5,20 Meter, das wären 15 weitere Weltrekorde, weil Jelena Isinbajewa nicht nur nett lächeln, sondern auch gut rechnen kann. Ihre Weltrekorde steigert sie immer nur um einen Zentimeter. Nur so kann man sich eine Rekordprämie nach der anderen aufs Konto gutschreiben lassen.

Noch kennt sie nicht ihre Leistungsgrenze. Aber eines ist für sie klar: Wenn sie 2013 zurücktritt, dann soll ihr Weltrekord für 100 Jahre unerreichbar sein. Große Worte einer großen Sportlerin, auch wenn Jelena Isinbajewa beim Istaf in Berlin „nur” eine Weltjahresbestleistung aufstellte.