Es gibt mehr Menschen, die aufgeben, als solche, die scheitern. Das gilt für Parteien genauso.

Es war richtig, den SPD-Parteitag als Akt der Selbstbehauptung anzugehen. Da die Sozialdemokraten vor vier Jahren in einer weitaus schwierigeren Situation noch zurückgekommen sind, sollte man sie auch heute nicht abschreiben. Ihr Kandidat Frank-Walter Steinmeier hat einen guten Eindruck hinterlassen, unverzagt und kämpferisch.

An seiner Rede kann man nur Kleinigkeiten kritisieren: zu lang, zu humorlos, eine Spur zu sehr Rechtfertigungsarie. Eine Ruck-Rede war es, aber mehr nach innen, an die SPD, als an die Gesellschaft oder gegen den Gegner gerichtet. Zur Linken fehlte ein klärendes Wort. Mit Angela Merkel setzte er sich zumeist indirekt auseinander. Die SPD hat der CDU-Kanzlerin zu oft eine sozialdemokratische Politik bescheinigt, um sie kurz vor Torschluss eine Neoliberale schimpfen zu können. Die `neue Mitte" hat Steinmeier rhetorisch gestreift, aber der Kandidat und Wahlprogramm stehen eher für altbackene Verteilungspolitik.

Ein Gerechtigkeitskomplex begleitet die SPD seit dem ersten Tag der großen Koalition: Die Union sitzt im Sonnendeck, die Sozis im Maschinenraum, schuftend, aber unbeachtet. So ist auch Steinmeiers Bemühen zu verstehen, den Anteil der SPD am Erfolg der Merkel-Koalition herauszuarbeiten.

Deutschland braucht in der Krise die Sozialdemokratie. Aber es könnte sein, dass die Wähler in Merkel eine bessere Gewähr dafür sehen. Am 27. September läuft es auf ein blödes Argument hinaus: Wählt SPD, damit die große Koalition bleibt. Nach der Lesart ist Steinmeier ein guter Vizekanzler-Kandidat, der an Merkels Seite mehr als mit FDP und Grünen bewegen könnte.

Könnte die SPD ihren Mann an die Spitze klatschen, nach dem gestrigen Parteitag wäre einem nicht bange. Steinmeiers Rede wird aber nicht nachhallen. Ein guter Kanzler wäre er. Nur wird Steinmeier die Chance dazu nicht bekommen, nicht 2009. Es liegt nicht an ihm. Es liegt daran, dass ein Teil der SPD-Wähler nicht mit der Partei versöhnt ist und dass es keine Anti-Merkel-Stimmung gibt.