Wandel und Verwerfungen, wohin wir schauen. Banken taumeln, Kaufhäuser schließen, Menschen verlieren ihre Arbeit.

Abermilliarden an Staatshilfen verschwinden im Sog dieser globalen Rezession, die ein Glaubensbekenntnis des Kapitalismus außer Kraft gesetzt hat: Jene Annahme, dass unsere westlichen Gesellschaften nur bei wirtschaftlichem Wachstum ihren Wohlstand sichern können. Das Gegenteil ist der Fall, wie die gigantische Geldvernichtung nun zeigt. Das ungehemmte Wachstum war auf Pump finanziert. Man hat auf Kosten anderer gelebt, das Haushalten ins Gegenteil verkehrt. Die große Party ist vorbei, die Grenzen des Wachstums erreicht.

Eine tragische Geschichte

Noch größer, noch komplexer ist das Problem, von dem die Klimaforscher sagen, dass es das umfassendste Marktversagen in der Geschichte der Menschheit sei: die globale Erwärmung. Eine durchaus tragische Geschichte. Denn Öl und Kohle feuerten nicht nur die Volkswirtschaften an, sondern brachten durch die Kohlendioxid-Emissionen Klimaveränderungen ins Rollen, deren Folgen nun die Grundlagen unseres Lebens bedrohen. Das ist keine Frage der Ideologie, sondern schlichte Physik, wie der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber sagt: Die noch nicht verbrannten Kohlevorräte sind von gigantischem Ausmaß, doch die Mülldeponie über unseren Köpfen, die Atmosphäre, ist schon voll.

Über Mäßigung und Demut wird nun angesichts der Finanzkrise gesprochen. Beim Klimaproblem geht das seit Jahrzehnten so, ohne dass das Wissen der Forscher bislang zur Einsicht oder zum Handeln geführt hat. Das Schlimme daran ist: Viele der Entwicklungen in den Ökosystemen vollziehen sich schneller, als es die Forscher für möglich hielten. Die Eisschmelze in der Arktis, das Auftauen der Permafrostböden, das Versauern der Meere. Zynismus macht sich in der Wissenschaft breit: Wenn in der Debatte um Klimaschutz etwas für eine Beschleunigung sorgt, dann wird das nicht der Politik zu verdanken sein, sondern der Natur.

Mentalitäten ändern, Lebensstile überdenken

Wir stehen vor der Frage, uns selbst neu zu erfinden. Eine Gesellschaft, die nicht rechts und links an die ökologischen Leitplanken stößt, aber zufrieden lebt. Dafür müssen sich Mentalitäten ändern, Lebensstile überdacht werden. Klimawandel bedeutet Kulturwandel, heißt die Botschaft der Essener Klimatagung, die das Kulturwissenschaftliche Institut und die Stiftung Mercator ausrichten. Es ist eine Veranstaltung zum richtigen Thema, zum richtigen Zeitpunkt. Denn sie macht das, was wir in den Zeiten der Krisen brauchen: Mut.