Kaufhof ist an Karstadt interessiert, Otto an Spezialversendern, Rewe an Thomas Cook. Die Überlebenschancen der einzelnen Sparten von Arcandor sind höchst unterschiedlich.
Essen. Es waren denkbar optimistische Protestplakate, die sich die Karstadt-Beschäftigten ausgedacht hatten: „Das Warenhaus lebt.” Gestern, an diesem scheußlich grauen Dienstag, klang diese Botschaft nur noch bitter. Der Mutterkonzern Arcandor ist zahlungsunfähig. Doch die Insolvenz ist nicht das Ende, sondern im besten Fall ein Neuanfang. In den kommenden Wochen und Monaten wird es darum gehen, möglichst große Teile des Arcandor-Konzerns zu retten. Lebendigen Warenhäusern werden dabei noch immer die besten Chancen eingeräumt. Für den Versandhändler Quelle wird es hingegen schwer.
Was aus welcher Sparte werden könnte – ein Ausblick:
Die Karstadt-Häuser
Metro-Chef Eckhard Cordes hat mit seiner Galeria Kaufhof längst ein Auge auf die besten der 89 Karstadt-Warenhäuser geworfen. Sein Angebot: Metro übernimmt 60 Karstadt-Häuser und schmiedet mit Kaufhof die Deutsche Warenhaus AG. Bei einer Schließung von 30 Häusern wären rund 5000 der etwa 30 000 Karstadt-Beschäftigten betroffen. Für die könne eine Transfergesellschaft gegründet werden, versprach Cordes.
An einer Lösung für die Warenhäuser will sich auch die Kölner Rewe-Gruppe beteiligen. Sie unterhält in 50 Karstadt-Filialen Perfetto-Feinkostabteilungen. „Wir wären bereit, einen Beitrag zur Rettung von Karstadt zu leisten”, sagte ein Rewe-Sprecher, ohne Details über die Höhe des Engagements zu nennen.
Auch für die 27 Karstadt-Sporthäuser gibt es einen Interessenten: den Otto-Konzern.
„Sollten die Karstadt-Sporthäuser zum Verkauf gestellt werden, wären wir zu Verhandlungen bereit”, sagte ein Otto-Sprecher.
Der Versandhandel
Rund 20 000 Beschäftigte arbeiten in der Versandhandelssparte Primondo. Ihre Perspektiven sind höchst unterschiedlich. Für die 8000 Mitarbeiter des traditionsreichen Universal-Versenders Quelle gibt es derzeit wenig Hoffnung. Der Hamburger Otto-Konzern ist nicht an einer Übernahme des Konkurrenten aus Nürnberg interessiert. Die beiden Marken sind sich zu ähnlich, so dass große Teile von Quelle überflüssig wären. Der zwangsläufig immense Stellenabbau samt Sozialplan wäre mit hohen Anpassungskosten verbunden, die Otto nicht stemmen will. Dem französischen Versandhändler La Redoute wurde in der Vergangenheit Interesse an Quelle nachgesagt, er steckt derzeit aber selbst in finanziellen Schwierigkeiten.
Auch ein Großteil der 6000 Beschäftigten in den Primondo-Kundencentern und in der Logistik wäre betroffen, wenn Quelle schließen müsste.
Von der Insolvenz ausgeklammert sind die Spezialversender. Sie gelten mit ihren 5300 Mitarbeitern als überlebensfähig. An einigen von ihnen wäre Otto interessiert. So zum Beispiel am Ökomode-Versand Hessnatur und am Babybedarf-Portal baby-walz.
Thomas Cook
Das Touristik-Unternehmen ist ebenfalls nicht insolvent und betont seine finanzielle Eigenständigkeit. Damit sind auch die rund 4000 Stellen in Deutschland nicht bedroht. Im vergangenen Geschäftsjahr erzielte Thomas Cook 112 Millionen Euro Gewinn und war damit die Ertragsperle von Arcandor.
Betroffen ist Thomas Cook dennoch, denn Arcandor hat seine Anteile von 53 Prozent bei den Banken als Sicherheit verpfändet. Die Aktien soll nun verkauft werden. Die Frage nach einem neuen Partner stellt sich damit von selbst. Der Lebensmittel- und Touristikkonzern Rewe hebt schon lange seinen Finger und bestätigte gestern auf Anfrage sein Interesse. Rewe Touristik ist die Nummer drei in Deutschland und würde mit Thomas Cook nah an Branchenführer TUI heranrücken.