Essen. Werbe-Profi Bernd M. Michael hat die Europawahl-Kampagne der SPD analysiert - und gibt der Partei für ihren Wahlwerbespot schlechte Noten. "Indem man andere schlecht macht, macht man sich selbst nicht besser. Das ist die älteste psychologische Regel, die es gibt", erklärt er.
Über den SPD-Werbespot zur Europawahl „Finanzhaie würden FDP wählen, Dumpinglöhne würden CDU/CSU wählen, Heiße Luft würde die Partei Die Linke wählen” sprach Angelika Wölk mit dem international renommierten Markenprofi Bernd M. Michael, Inhaber der Agentur „BMM Büro für Markenarchitektur” in Düsseldorf.
Herr Michael, wie fanden Sie denn die Werbe-Kampagne der SPD?
Bernd M. Michael: Das war eine Negativ-Kampagne. Indem man andere schlecht macht, macht man sich selbst nicht besser. Das ist die älteste psychologische Regel, die es gibt.
Hat eine Negativ-Kampagne wie diese überhaupt jemals funktioniert?
Michael: So etwas hat noch nie auf der Welt funktioniert. Das Schlechtmachen anderer Leute führt nicht dazu, dass man selbst besser dasteht. Viel besser ist es, wenn Sie ein Vermissen-Erlebnis provozieren, wenn Sie sagen: Aus dem und dem Grund bin ich für Dich viel besser; wenn ich permanent sage, ich kann Dir bieten, was Dir der andere nicht bieten kann. Das ist die zweite große Regel: Rede davon, was der andere Dir nutzt, gib ihm einen Grund, weshalb er mit Dir besser dasteht. Menschen sind alle Ich-bezogen.
Was raten Sie als Werbe-Profi der SPD für die Bundestagswahl?
Michael: Das ist kostenpflichtig. Aber im Ernst: Man muss sich sehr tief in die Materie einarbeiten, denn die Politik eignet sich nicht für freche, flotte Sprüche. Man muss sehr konkret werden, damit die Leute das Gefühl haben: Da müht sich jemand ernsthaft um meine Anliegen.
Die FDP bildete - werbetechnisch gesehen - den Gegenpol zur SPD - sie hat ganz auf eine Person gesetzt, Silvana Koch-Mehrin. Wie fanden Sie diese Kampagne?
Michael: Im Moment ist es richtig, auf eine Person zu setzen - weil alle politischen Parteien auf Personen setzen. In den USA wurde nicht die Partei von Obama gewählt, sondern die Persönlichkeit Obama. Die Menschen sind im Augenblick skeptisch bei abstrakten Pa-rolen.
Im Augenblick - wieso?
Michael: In unsicheren Zeiten sind abstrakte Formulierungen weniger hilfreich als das Klammern an eine Person. In Zeiten, in denen es gut geht, da geht es um Haltungen, um Einstellungen, um Visionen.