Düsseldorf. Fast 500 Jugendliche landen in NRW jedes Jahr in U-Haft - "zu viele", sagt Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter. Seit 2004 bemüht sich ihr Ministerium um mehr sichere Plätze in Heimen – bislang ohne Erfolg.

Immer mehr Jugendliche landen in NRW in Untersuchungshaft. Innerhalb von fünf Jahren stieg die Zahl der 14- bis 17-Jährigen, die unter dringendem Straftatverdacht ins Gefängnis eingewiesen wurden, von 382 auf 493 pro Jahr.

„Fast 500 Leute in diesem Alter in Untersuchungshaft – das sind zu viele”, betont NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU). Die Ressortchefin möchte, dass künftig mehr strafverdächtige Jugendliche in Heimen statt im Knast untergebracht werden.

U-Haft soll die Ausnahme sein

Eigentlich sollte die Anordnung von U-Haft bei Jugendlichen ohnehin nur die Ausnahme sein – die Heimunterbringung mit Intensivbetreuung dagegen die Regel. So steht es zumindest im Jugendgerichtsgesetz.

Doch es ist vor allem der Mangel an sicheren Heimplätzen, der viele Richter bisher davon abhält, mehr Jugendlichen die U-Haft zu ersparen. „Es mag den einen oder anderen Richter geben, der die harte Hand führen will”, sagte der Vorsitzende des NRW-Richterbundes, Reiner Lindemann, der WAZ. „Die große Mehrheit will aber nicht mit dem scharfen Schwert vorgehen, sondern die Erziehung in den Vordergrund stellen.”

Nur drei Heime in ganz NRW

Das erscheint bislang aber allenfalls theoretisch möglich. Denn landesweit gibt es nur drei Heime (in Herne, Iserlohn und Solingen) mit insgesamt 19 Plätzen, in denen mutmaßliche Jung-Straftäter auf ihren Prozess warten können.

Gemeinsam mit NRW-Jugendminister Armin Laschet (CDU) appellierte die Justizministerin gestern an die Träger von Heimen, mehr Plätze zur Haftvermeidung mit einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung zu schaffen.

Beifall vom Richterbund

Zwischen 200 und 250 Euro zahlt die Justiz pro Tag für die Unterbringung eines Jugendlichen in einer sicheren Einrichtung. „Das sind hohe Kosten”, räumt die Justizministerin ein. „Die Intensivbetreuung ist uns aber Euro für Euro wert, wenn wir dadurch junge Menschen von einer kriminellen Karriere abhalten können.” Genau dies sei aber in vielen Fällen programmiert, wenn die Jugendlichen den ersten Gefängnis-Aufenthalt hinter sich haben.

Der Richterbund begrüßt die Initiative der NRW-Justizministerin. Schließlich hat Müller-Piepenkötter schon 2004 mehr Heimunterbringung statt Knast für Jugendliche gefordert – damals war sie selbst noch Richterbund-Vorsitzende.

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