Berlin. Vor dem BND-Untersuchungsausschuss gibt sich Joschka Fischer rauflustig. Auch SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier wehrt sich gegen den Vorwurf, Deutschland habe kriegswichtige Infos Infos geliefert.
Als geladener Zeuge kann man seinem Auftritt vor dem BND-Untersuchungsausschuss durchaus einen Unterhaltungswert abgewinnen. Wenn man Joschka Fischer heißt. Der Außenminister a. D. weist gewohnt rauflustig alle Vorwürfe zurück, die rot-grüne Regierung habe trotz ihres öffentlichen Neins zum Krieg gegen den Irak die USA heimlich mit kriegswichtigen Informationen zweier BND-Agenten in Bagdad versorgt: „Publizistisch tote Flugente.”
Wenn man Frank-Walter Steinmeier heißt, dann hat man gerade eine Regierungserklärung im Bundestag gehalten und fühlt sich vor dem Ausschuss weniger als Zeuge behandelt, denn als Angeklagter. Der Außenminister, seinerzeit als Kanzleramtschef für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig, wird mit den Interviews amerikanischer Ex-Generäle konfrontiert, die sich überschwänglich für die Meldungen der beiden BND-Leute bedanken, auf deren Grundlage die USA sogar den Kriegbeginn vorgezogen hätten: „Die Deutschen sind Helden.”
"Ein vergiftetes Lob"
Als Kanzlerkandidat sieht sich Steinmeier, anders als bei früheren Auftritten, nun einer großen Koalition aus Opposition und Union gegenüber, weil auch die CDU um den Vorsitzenden des Ausschusses Siegfried Kauder ein erhöhtes Interesse daran hat, seine Glaubwürdigkeit zu erschüttern.
Steinmeier spricht den „vorgezogenen Wahlkampf” auch direkt an. Punktgenau wenige Tage vor seinem Termin beim Untersuchungsausschuss seien die Interviews mit den Ex-Generälen erschienen. Bei allen seinen Besuchen in den USA habe sich aber niemand für die angebliche deutsche Hilfe bedankt. Als „vergiftetes Lob” bezeichnet er die Äußerungen von „ehemaligen Pentagon-Propagandisten”, die alte Rechnungen begleichen wollten. „Deutschland soll offenbar für die Fehler des Krieges nachträglich in Mithaftung genommen werden.”
Steinmeier argumentiert ruhig, manchmal ungeduldig, dass die Regierung damals einerseits das Zerwürfnis mit den USA habe hinnehmen müssen, weil man den Krieg als verhängnisvollen Fehler eingeschätzt habe. Andererseits habe man die Bündnistreue gehalten, wozu die Gewährung der Überflugrechte ebenso gehört habe wie die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit. Dabei habe der BND der politischen Vorgabe unterlegen, „dass Deutschland sich nicht am Krieg beteiligt”.
"Aberwitzig und absurd"
Der BND habe intern die Weisung ausgegeben, keine operativen Kampfhandlungen zu unterstützen. Alle Vorwürfe nennt Steinmeier „aberwitzig und absurd”.
Sein Vorgänger Fischer kann sozusagen amtsfrei reden und den Einsatz der Agenten viel offensiver verteidigen. „Ich stelle mir vor, wir hätten auf Informationen gesessen und hinterher hätte in der New York Times gestanden, soundsoviele Soldaten hätten noch leben können.”
Steinmeier kann im Ausschuss schlecht die Union oder gar die Kanzlerin angreifen. Deswegen übernimmt es SPD-Obmann Michael Hartmann, die Öffentlichkeit daran zu erinnern, dass Angela Merkel vor dem Krieg bereit gewesen sei, auch deutsche Soldaten zu beteiligen.
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