Essen. Hochgelobt - aber auch das finnische System ist keine heile Welt

Wenn es um Schule und Bildung geht, dann scheint Finnland ziemlich viel richtig zu machen. Das wird auch international anerkannt. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Erfolgsrezepte des dreimaligen Pisa-Siegers von den weniger erfolgreichen Ländern übernommen werden. Mit dem Verweis, die finnischen Methoden seien auf das jeweilige Land nicht zu übertragen, winken auch die Verantwortlichen in der Bundesrepublik ab. Gerne relativieren Kritiker die Spitzen-Ergebnisse auch mit dem Hinweis auf die im Vergleich geringe Einwanderungsquote.

Was die Finnen aber vor allem dem deutschen Bildungssystem voraus haben, ist ihr erklärtes Ziel der Chancengleichheit. Während hierzulande der Aufstieg für Kinder aus bildungsfernen Migrantenfamilien im drei- bis fünfgliedrigen Schulsystem kaum möglich ist, fördert Finnland gerade die Schwachen besonders gut. Alle Bildungsmöglichkeiten sollen allen Bürgern offenstehen – egal welche Muttersprache sie haben, wie ihre soziale Stellung ist oder wo sie wohnen. Bildung findet in Einheitsschulen statt, ist kostenlos für alle, samt einem warmen Mittagessen, sämtlicher Unterrichtsmaterialien und Bücher. Sogar der Transport der Schüler wird vom jeweiligen Träger gewährleistet.

Wenn ein Kind nicht mitkommt, bekommt es eine intensive Betreuung und – wenn nötig – auch Einzelförderung parallel zum Unterricht im Klassenverband. Niemals darf dem Kind die Schuld für die schlechten Leistungen gegeben werden. Sitzen bleiben etwa ist nicht möglich. Die Klassen sind klein, mehr als 20 Kinder sind nicht erlaubt, in ländlichen Gebieten sind auch zehn pro Klasse normal.

Ist Finnland nun ein Land der glückseligen Kinder mit besten Aussichten? Es gibt noch ein anderes, düsteres Finnland: In Jokela erschoss vor einem Jahr ein Schüler acht Menschen, und erst im September erschütterte der Amoklauf von Kauhajoki mit elf Toten das Land.

Keine heile Welt: Die Eltern kümmerten sich zu wenig, lautet ein Vorwurf von finnischen Lehrern. Kinder seien zu viel allein, die Eltern legten ihre Verantwortung an der Schultür ab.