Bochum. Der Streit um die Vergabe des NRW-Gesundheitscampus nach Bochum nimmt kein Ende. Informationen, die der WAZ vorliegen, nähren den Verdacht, dass die Entscheidung pro Bochum im NRW-Gesundheitsministerium beeinflusst wurde.

Der Lenkungsausschuss des Verbundes „Essen forscht und heilt” akzeptiert die Entscheidung nicht: In einem Brief an Ministerpräsident Jürgen Rüttgers weist er darauf hin, dass es den entscheidenden Wettbewerbsvorteil für Bochum gar nicht gibt. Die Verpflichtung, zehn Millionen Euro zur Realisierung beizusteuern, könne die Stadt auf Grund der Haushaltssperre nicht einlösen. Die offensichtlich auf falschen Annahmen beruhende Entscheidung solle revidiert werden.

Darüber hinaus wurde nach WAZ-Informationen die Entscheidung für Bochum gezielt aus den Reihen des Gesundheitsministeriums (MAGS) herbeigeführt. So registrieren Beobachter der Branche im MAGS eine Projekt-Fokussierung Richtung Bochum, z.B. bei der Geschäftsstelle „Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen”, „Medcon Ruhr” oder der Clearingstelle für Versorgungsforschung.

Keine Hinweise auf Probleme

Das Gesundheitsministerium hatte das Bewerbungsverfahren und den Jury-Prozess federführend begleitet. Beobachter halten es für sehr gut möglich, dass dort bekannt war, dass Bochum in einer prekären Haushaltssituation steckt.

Der Jury wurden diese Probleme nicht mitgeteilt. Jury-Mitglied Prof. Dr. Annette Propst von der Fachhochschule Hildesheim bestätigte auf Nachfrage: „Wir haben keinen Hinweis auf dieses Problem bekommen.”

Zünglein an der Waage

Das 10-Millionen-Versprechen war offenbar das Zünglein an der Waage, das Bochum auf den ersten Platz hievte. Jury-Vorsitzender Prof. Karl Max Einhäupl hatte öffentlich erklärt, der finanzielle Beitrag der Bochumer habe großen Eindruck gemacht.

Die Landesregierung folgte der Jury und segnete das Votum einstimmig ab. Das Innenministerium erklärte, dass Innenminister Ingo Wolf als oberster Finanzaufseher der Städte in der Kabinettsitzung keinen Grund gehabt habe, gegen Bochum zu stimmen. Anfragen im Gesundheits- und Finanzministerium blieben unbeantwortet.