Essen. Bei den deutschen Finanzinstituten sollen Risiken von 816 Milliarden Euro schlummern. Doch die Deutsche Bank feiert ihre hohe Rendite
Die große Finanz-Schreckenszahl des Wochenendes lieferte am Samstag die Süddeutsche Zeitung: Da berichtete das Blatt, dass in den deutschen Banken ausfallbedrohte Kredite und toxische Wertpapiere im Volumen von astronomischen 816 Milliarden Euro, in Zahlen 816 000 000 000 Euro, schlummerten. Will heißen: Im schlimmsten Fall könnte dieser enorme Betrag die Bilanzen der Banken schwer belasten und die Institute gar in die Tiefe reißen.
Streng vertrauliches Papier
Bei der Zahl berief sich die Zeitung auf ein streng vertrauliches Papier der Bundesfinanzaufsicht Bafin. Dieses hatte fein säuberlich das Ausfallrisiko von 17 Banken aufgeführt. Negativer Spitzenreiter war demnach die Hypo Real Estate mit Risiken in Höhe von 268 Milliarden Euro, gefolgt von der HSH Nordbank (105 Milliarden Euro) und der teilverstaatlichten Commerzbank (101 Milliarden). Auch Landesbanken wie die WestLB (84 Milliarden Euro) stehen auf der Liste.
Große Aufregung
Die Veröffentlichung des Bafin-Papiers schlug dann bei Bankern und Politikern, aber auch bei der Bafin selbst wie eine Bombe ein. Alle Beteiligten mühten sich nach Kräften, die Risiken zu relativieren. „Wir wissen nicht, wer die Zahlen zusammengestellt hat und können sie nicht nachvollziehen”, sagte ein Commerzbank-Sprecher. Ähnlich äußerten sich andere Banken.
Irreführende Zahlen
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) warnte vor Fehlinterpretationen. Eine Bafin-Sprecherin erklärte, in die Liste seien auch Vermögenswerte eingeflossen, die nicht mehr zur aktuellen Strategie der jeweiligen Bank passten und ausgegliedert werden könnten – so wie es bei der WestLB geschehen ist. Zudem seien Sicherungsgeschäfte und Risikovorsorge der Banken nicht berücksichtigt. Auf keinen Fall handele es sich bei den 816 Milliarden um Verluste, sie sagten auch nichts über die Bonität der Banken aus.
Tatsächlich führt das Bafin-Papier nicht auf, welche Ausfallverluste wirklich drohen. Denn darin enthalten sind etwa auch Staatsanleihen, deren Risiko wegen Garantien gering ist. Das bestätigt Bankenprofessor Wolfgang Gerke. „In der Bafin-Liste sind unterschiedliche Risikoklassen zusammengefasst. Da sind Äpfel und Birnen addiert worden”, sagte er der WAZ. So könnten manche Papiere und Kredite zu 100 Prozent, andere dagegen nur zu zehn Prozent ausfallen. Beispielsweise seien auch Studentendarlehen, wie sie die WestLB vergibt, aufgeführt. Gerke: „Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass alle Studenten nach ihrem Studium arbeitslos werden und den Kredit nicht zurückbezahlen können.”
Echter Schaden
Für Gerke ist es vor allem die Frage, wie die Liste an die Öffentlichkeit gelangen konnte. „Da muss man hinterfragen, was für Motive derjenige hatte, der das Papier der Presse zugespielt hat.” Nicht ausgeschlossen sei der Versuch der Kursmanipulation, denn durch falsche Vermutungen könne einer Bank ein „echter Schaden” entstehen. Das sieht die Bafin genauso und hat Strafanzeige gegen Unbekannt wegen der Weitergabe von Daten gestellt.
Deutsche Bank schafft 25 Prozent Eigenkapitalrendite
Pikant ist übrigens der Name eines Finanzinstituts auf der Bafin-Liste: So sollen bei der Deutschen Bank Risiken in Höhe von 21 Milliarden Euro lagern, nach einem Bericht des Handelsblatts hat die Deutsche Bank allerdings im vergangenen Quartal ihr Eigenkapitalrenditeziel von 25 Prozent erreicht. Das wiederum veranlasste Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zum Frohlocken: „Bei uns gibt es keine falsche Gemächlichkeit, nur damit alle mitkommen”, sagte er.
Etwas mehr Zurückhaltung hätte ihm jedoch deutlich besser zu Gesicht gestanden: Schließlich waren hohe Renditevorgaben, wie sie auch der Deutsche-Bank-Chef immer ausgerufen hatte, eine der Gründe für die Finanzkrise, da die Finanzinstitute auf der Jagd nach mehr Profit immer riskantere Geschäfte tätigten.