Duisburg. Vor sieben Monaten wurde Medet Sevimli Deutscher und findet es einfach nur „angenehm” und sagt: "Ich darf jetzt nicht nur wählen, ja, ich könnte sogar Oberbürgermeister werden. "

Medet Sevimli mit seinem deutschen Personalausweis, Foto: WAZ, Rainer Raffalski
Medet Sevimli mit seinem deutschen Personalausweis, Foto: WAZ, Rainer Raffalski © WAZ

Um ihn nicht für größenwahnsinnig zu halten, muss man wohl vorausschicken, dass Medet Sevimli ein sehr humorvoller Mensch ist. Einer, der gerne lacht. Auch über sich selbst. Sieben Monate ist der Mann nun Deutscher. Und was tat dieser in Duisburg-Marxloh als türkischer Staatsbürger zur Welt gekommene Mann direkt nach seiner Einbürgerung? Er meldete sein neues Auto unter diesem Kennzeichen an: DU – OB – 2014. Ein politisches Signal ist das: Ich darf jetzt nicht nur wählen, ja, ich könnte sogar Oberbürgermeister werden.

"Sevimli, das ist so einfach wie Kalinowski!"

Am Abend vor diesem Treffen hat er seinen Namen am Telefon erklärend zerlegt: „Se-vim-li! Das ist so einfach wie Kalinowski!” Und natürlich weiß Medet Sevimli, dass dieser Satz ein Eisbrecher ist. Ihr meint, türkische Namen sind kompliziert? Und wie sieht es mit Euren aus? Sevimli ist Marxloher durch und durch. Hier wurde er vor 38 Jahren als Sohn einer frisch eingewanderten türkischen Familie geboren, hier ging er zur Schule und später in die Ausbildung bei Thyssen. „Ich kenne hier jeden. Wenn mich jemand nicht kennt, ist das nicht mein Problem, sondern seins”, sagt er und lacht über das Provokative herzlich hinweg.

Engagement in zehn Vereinen

Vor fünf Jahren hat Medet Sevimli sich entschieden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Da hatte der gelernte Schmelzschweißer schon unzählige Jahre im Betriebsrat von Thyssen-Krupp hinter sich, da saß er längst im Vorstand des TSV Bruckhausen und half in der nachbarschaftlichen Initiative, die Straße, in der er wohnt, attraktiver zu machen. Zehn Vereinen gehörte er damals an. „Ich sprach mit dem Oberbürgermeister und mit Stadträten. Aber ich fühlte mich immer wie ein fünftes Rad. Einzig im Betrieb durfte ich wählen und wirklich mitbestimmen”, erzählt der 38-Jährige.

Einbürgerung ist der erste Schritt

Der erste Schritt zur Integration sei die Einbürgerung, sagt Medet Sevimli heute. Doch seine eigene Einbürgerung dauerte lange. Fünf Jahre insgesamt. Weil die Türkei ihn nicht gehen lassen wollte, weil man ihn auf deutscher Seite kritisch beäugte – und das, obwohl sein ehrenamtliches Engagement bekannt war. Aber es gab Fotos, Unterlagen, die ihn in zu großer Nähe zu der vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation Milli Görüs zeigten. „Mein Vater stand ihr nahe, so kam ich dahin, ohne viel darüber zu wissen. Ich gab bei ihnen Nachhilfe, unterstützte Jugendliche bei Bewerbungen”, sagt er.

Der Anruf des Konsulats

Irgendwann habe ihn der Leiter der Einbürgerungsbehörde zur Seite genommen. „Wir müssen uns mal unterhalten!”. Und dann kamen all die Bedenken, die Fotos, die Unterlagen auf den Tisch, und Medet Sevimli erhielt die Gelegenheit, sich zu erklären. Etwas später, im November, gab es endlich den Anruf aus dem türkischen Konsulat: „Sie sind aus der Türkei raus!”. Zigmal war er dorthin gefahren, hatte angestanden, Unterlagen eingereicht. „Am Ende warfen sie mir die Papiere über die Glasscheibe zu. Es war entwürdigend!” sagt der Marxloher.

Viel freier mit der "Plastikkarte"

Deutscher zu sein, findet er einfach nur „angenehm!” „Ich fühle mich viel freier mit dieser Plastikkarte!”, sagt er und wedelt mit seinem Ausweis in der Hand. Dass einer wie er bei der Europawahl, seiner ersten überhaupt, nicht briefwählt, versteht sich von selbst. Den Gang ins Wahlbüro, in die Grundschule um die Ecke, wie wird er ihn genießen.