Essen. Die Zeiten, in denen es im Kindergarten mit Singen im Stuhlkreis und Spielen getan ist, sind vorbei. Es sind auch keine Kindergärtnerinnen mehr, die Origami falten, sondern Erzieherinnen. Deren Beruf wird immer komplexer.
Die Zeiten, in denen es im Kindergarten mit Singen im Stuhlkreis und Spielen getan ist, sind vorbei. Es sind auch keine Kindergärtnerinnen mehr, die Origami falten, sondern Erzieherinnen. Deren Beruf wird immer komplexer.
Nicht nur, dass die Kinder, um die sie sich kümmern müssen, immer jünger („unter 3”) werden oder immer älter („Offene Ganztagsgrundschule”). Erzieherinnen sind für die Sprachförderung zuständig, sie setzen sich mit der Kultur der vielen Migrantenkinder auseinander, sie dokumentieren die Entwicklungschritte, setzen Bildungsziele um. Kindertagesstätten brauchen obendrein jemanden, der die ökonomische Seite im Griff hat. „Die Anforderungen an Erzieherinnen sind enorm gestiegen”, sagt Thomas Rauschenbach unserer Zeitung.
Der Professor für Sozialpädagogik ist Direktor des Deutschen Jugendinstituts und kümmert sich um sozialwissenschaftliche Forschung. Dass endlich die hohe Belastung bei niedriger Bezahlung ins gesellschaftliche Bewusstsein tritt, hält er für einen positiven Effekt der bundesweiten Streiks, mit denen derzeit die Angestellten städtischer Kitas Eltern in Bedrängnis bringen.
In NRW dauert die Ausbildung vier Jahre
So vielfältig wie die Aufgaben der Erzieherinnen sind, so unterschiedlich sind ihre Ausbildungswege. Es gibt Bundesländer, in denen man in zwei bis drei Jahren staatlich geprüfte Erzieherin werden kann, in NRW dauert es sogar vier Jahre. Die Liste der Fächer, die an den Fachschulen unterrichtet werden, ist lang: Neben Pädagogik steht – und das ist nur eine Auswahl – Psychologie auf dem Stundenplan, ebenso wie Didaktik, Gesundheitserziehung, Musik, Sport, Kunst und eine Fremdsprache. Verdient wird dann ein wenig mehr als 2100 Euro, wenn die junge Frau (ganz selten der junge Mann) einen Vollzeitjob ergattern kann.
Möglich ist inzwischen auch die Ausbildung an Fachhochschulen. Sieben sind es in NRW, bundesweit gibt es über 50 Hochschulen, wo „Elementarpädagogik” studiert werden kann, bei steigender Tendenz. Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung setzt sich für eine Qualifizierung der Erzieherinnen auf Hochschulniveau ein. „Wir müssen aber die 50 000 ausgebildeten Fachkräfte mitnehmen”, heißt es dazu aus dem Familienministerium. Langfristig werde es deshalb Erzieherinnen mit und ohne Hochschulabschluss geben.
Wie sich die unterschiedlichen Ausbildungswege auf dem Gehaltszettel niederschlagen? Das sei Thema der Tarifparteien, so das Ministerium. Bei Verdi aber plagt man sich mit anderen Schwierigkeiten: „Wir müssen zunächst dafür sorgen, dass alle Praktikantinnen im Anerkennungsjahr Geld bekommen”, kontert Jürgen Reichert vom Verdi-Landesfachbereich Gemeinden NRW. Professor Rauschenbach sieht es so: Ob mit oder ohne Hochschulstudium – „Erzieherinnen sind generell unterbezahlt”.