Lünen. Eine verfehlte Integrationspolitik treibt viele in die Arme des radikalen Islam, glaubt der Vorsitzende eines multikulturellen Forums, Kenan Kücük. Er beschuldigt vor allem konfessionelle Einrichtungen, türkische Migrantenkinder auszugrenzen.
Kenan Kücük, Vorsitzender des Multikulturellen Forums Lünen, der im Jahre 1980 als politischer Flüchtling aus der Türkei kam, mit einer Deutschen verheiratet ist und einen deutschen Pass besitzt, hat einen unbefangenen Blick auf seine Landsleute. „Auch ein Türke muss sich anpassen und an die Spielregeln halten. Einer Frau die Hand zu verweigern und sie als unrein zu bezeichnen, geht nicht.” Aber, und da legt Kücük seine Stirn in Falten, „Türken werden in Deutschland immer noch sehr häufig diskriminiert.” Man mache es ihnen nicht leicht, im Westen anzukommen. „Da kann jemand seit 30 Jahren hier leben, arbeiten und Steuern zahlen – das Wahlrecht hat er nicht. Wie soll man sich da ernst genommen fühlen?”
Kücük beschuldigt vor allem konfessionelle Einrichtungen, türkische Migrantenkinder auszugrenzen. Katholische Kindergärten und Schulen lehnten die Ausländerkinder zwar nicht offiziell ab, da heiße es lediglich, die Kapazitäten seien erschöpft. Aber jeder Migrant mache die Erfahrung, dass allein die türkische Namensnennung reiche, um die Türen zu verschließen. „Es hat sich nichts geändert. Die Türkenkinder besuchen städtische oder AWo-Kitas, die meistens in sozial-schwachen Wohnvierteln liegen.” Kücük selbst machte die Erfahrung bei seinem Sohn. Ein katholisches Gymnasium hatte ihn ohne Begründung abgelehnt. Der Vorsitzende des Multikulturellen Forums bedauert die Tatsache, dass türkische Grundschulkinder überproportional häufig an Förderschulen empfohlen werden. „Sie werden nicht gefördert. Haben häufiger Sprachprobleme und werden abgeschoben.”
Als krasses Beispiel für Diskriminierung wertet er das Verhalten eines Fitnessstudios in Lünen. Einem jungen Türken wurde jüngst die Mitgliedschaft verwehrt, weil man, so die Begründung, die Ausländerquote ausgeschöpft habe. Diese Beispiele, so Kücük, begründeten den Trend, warum sich gerade junge Türken auf die Tradition ihrer Großeltern besönnen und ihre Religionszugehörigkeit überbetonten. Das alles sei Ausdruck einer verfehlten Integrationspolitik.