Den Sozialdemokraten bleibt nichts erspart. Noch hat die Partei keinen Weg gefunden, wie sie mit den Wunden, die die Agenda 2010 geschlagen hat, umgehen soll, da gibt sich Schwarz-Gelb als Reparaturbetrieb.

Die Verdreifachung des Schonvermögens für Hartz-IV-Empfänger ist so ein Punkt, der ans sozialdemokratische Herz rührt: Einer, der arbeitet und fürs Alters spart, darf vom Staat nicht so behandelt werden, wie einer, der das egal aus welchen Gründen nie getan hat. Und jetzt sogar Nachbesserung bei der Rente mit 67.

Hartz IV und die Verschiebung des Renteneintrittsalter um zwei Jahre waren der Anfang vom Ende der SPD als Volkspartei. Es ist bittere Ironie, das beide Reformen – das Zusammenlegen von Sozial- und Arbeitslosenhilfe wie die Anpassung des Rentenalters an abnehmende Geburtenraten und steigendes Lebensalter – im Grundsatz richtig waren. Schröders Agenda 2010 ist ein Gutteil des wirtschaftlichen Aufschwungs vor der Finanzkrise zu verdanken. Richtig ist aber auch: Es sind handwerkliche Fehler gemacht worden.

Einen Bauarbeiter beim Renteneintrittsalter genauso zu behandeln wie einen kaufmännischen Angestellten – das widerspricht nicht nur dem gesunden Volksempfinden, sondern der politischen Klugheit. Das gleiche gilt für die allzu zügige Gleichbehandlung von Arbeitnehmern, die jahrzehntelang Beiträge bezahlt haben, und Arbeitslosen, die das nicht taten. Diese Punkte haben die Erosion der SPD beschleunigt. Und sie sind auch nicht so ohne weiteres zu beheben.

Schließlich darf das Zwangssystem der Rentenversicherung keine Unterschiede nach Berufsgruppen machen. Es kann aber mit einer besseren Ausstattung der Erwerbsminderungsrente Menschen auffangen, die nicht mehr können. Auch ist die Arbeitslosenversicherung keine Kapitalsammelstelle für ihre Mitglieder, sondern eben eine Versicherung. Und dennoch: Die Politik ist gefordert, hier Lösungen zu entwickeln, die offenkundige Ungerechtigkeiten beseitigen, ohne das Prinzip zu zerstören.

Gut, wenn sich Schwarz-Gelb daran wagt. Überhaupt erscheint die neue Bundesregierung bislang gemessen an vorurteilsreichen Erwartungen eher als Kuschelkoalition. Bis jetzt müssen weder DGB noch Attac ihre Fahnen ausrollen. Gegen die Erhöhung der Kinderfreibeträge und wahrscheinlich des Kindergeldes dürfte kaum jemand protestieren. Bleibt die Frage, wann's ans bezahlen geht. Manche sagen: Nach der Wahl in NRW.