Berlin. Über Berlin wird schon länger als der „Transferhauptstadt” Deutschlands geredet. Nirgendwo sonst ist der Anteil der Hartz-IV-Empfänger größer als in den Problembezirken der Stadt.
Von den 3,4 Millionen Einwohnern beziehen 594 000 die Grundsicherung. Nur gut 1,1 Millionen Berliner sind normal beschäftigt. In den Bezirken Neukölln, Wedding und Mitte konzentrieren sich die Probleme. Neukölln gilt als das größte Sozialamt Europas. Die rund 300 000 Einwohner des Bezirks stammen aus 160 Nationen. Jeder Dritte ist auf finanzielle Hilfe angewiesen.
Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin macht eine verfehlte Integrationspolitik für die hohe Zahl der Leistungsempfänger verantwortlich und beklagt einen bei Türken und Arabern geringen Integrationswillen. Mit einer hohen Geburtenrate würden diese Nationalitäten die Überhand gewinnen. Die These ist gewagt. Zahlen als Belege gebe es allein schon wegen der Abgrenzungsprobleme zwischen Deutschen und eingebürgerten Einwohnern nicht, so das Statistische Landesamt.
Kaum noch Industrie
810 000 Berliner haben einen Migrationshintergrund, ihre Wurzeln also in einem anderen Land. Darunter sind 470 000 Ausländer. 140 000 davon beziehen das Arbeitslosengeld II. Der Migrantenanteil in Berlin ist nicht ungewöhnlich hoch, wohl aber der Anteil an Transferleistungsempfängern darunter.
Das liegt auch an der Wirtschaftsstruktur Berlins. Industrie gibt es kaum noch. In den Ostbezirken sind die Großbetriebe nach der Wende fast alle aufgelöst worden. Aus den Westbezirken wanderten die Betriebe ins Umland oder gleich ins Ausland ab. Annähernd 400 000 Jobs im Verarbeitenden Gewerbe gingen seither verloren. Vor allem für Geringqualifizierte fehlen Beschäftigungsmöglichkeiten.