Moskau. Russland erwartet von Schwarz-Gelb keine Probleme. Einzig Guido Westerwelle ist für Moskau eine unbekannte Größe.

Russland reagierte gelassen bis desinteressiert auf den Ausgang der deutschen Bundestagswahl. Die Moskauer Medien vermeldeten den schwarz-gelben Sieg ohne besondere Anteilnahme.

„Die Christlichen und die Freien Demokraten haben den Bundestag bekommen und müssen nun zeigen, dass sie damit etwas anzufangen wissen“, analysierte der staatliche TV-Sender Westi eher flach. Der Kreml hielt sich mit einer Gratulation zurück.

Fachkundige Beobachter, wie Michael Rostowskij, außenpolitischer Kommentator der Zeitung Moskowskij Komsomolez, äußerten hauchdünnes Bedauern über Steinmeiers Niederlage. „Er war ja schon der Architekt der Russlandpolitik unter Schröder, mit ihm als Kanzler hätte unsere Zusammenarbeit noch enger werden können.“ Aber das seien nur Nuancen.

„Aus Moskauer Sicht wäre das Fortbestehen der großen Koalition wünschenswert gewesen. Dann wäre alles beim alt vertrauten geblieben“, sagt der Deutschlandexperte Wladislaw Below von der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Aber die russische Führung geht davon aus, dass sich auch unter Schwarz-Gelb strategisch nichts zwischen unseren Ländern ändern wird.“

Seitdem das neue Russland existiert, gilt Deutschland als engster westlicher Partner, ob unter Kohl, Schröder oder Merkel. Und Russlands politische Elite schloss schon vor den Wahlen selbstbewusst aus, dass die neue Berliner Regierungsmehrheit daran rühren möchte.

Die Masse der Russen aber interessiert sich kaum für die eigene Politik, von der deutschen ganz zu schweigen. „Eure Wahlen jucken hier keinen Kirchenglöckner“, sagt der Geschichtslehrer Maxim Nowikow aus der Provinzstadt Twer.

Allerdings taucht mit Guido Westerwelle als künftigem Vizekanzler und Außenminister eine für Russland unbekannte Größe auf. „Er hat als Diplomat noch kein Profil“, erklärt Deutschlandexperte Below. „Dazu kommt seine sexuelle Orientierung.“

Russland straft bekennende Homosexuelle mit Verachtung, 2006 wurde der Grünen-Abgeordnete Volker Beck bei einer Schwulendemo in Moskau zusammengeschlagen. Westerwelles erster Besuch hier könnte für Aufregung sorgen.