Es wird die Woche der Krisen. Am Dienstag trafen sich 100 Staats- und Regierungschefs in New York zu einer Art Sondergipfel der UN zum Klimaschutz. Am Donnerstag beraten in Pittsburgh die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer über Antworten auf die Finanzkrise.
Beide Krisen, die der Umwelt und die des Kapitals, stellen die politischen Entscheidungsträger vor die Wahl: Reden wir über das Wetter? Oder wollen wir verändern?
In den Klimaschutzverhandlungen läuft die Zeit ab. Drei Monate bleiben den Verhandlungsführern. Dann wird in Kopenhagen an zwölf Konferenztagen darüber verhandelt, ob und wie der Schutz des Klimas weiterhin völkerrechtlich verbindlich geregelt wird. Es geht um die Frage, ob die Industriestaaten willens sind, bei den Kohlendioxid-Emissionen eine Vollbremsung hinzulegen. Ob aufstrebende Schwellenländer wie China oder Indien Wachstumsgrenzen akzeptieren, auch wenn es andere sind, die auf Kosten der Umwelt wirtschafteten und Wohlstand erlangten. Und es geht um Gerechtigkeit: Wie viel Geld und welche Technologien sollen die armen Länder erhalten, damit sie sich an die Folgen der Klimaveränderungen anpassen können? Noch einmal: Es geht um einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag. Scheitert der Kopenhagener Gipfel, würde aus dem Klimaschutz eine Option, die man wählen oder lassen könnte. Nicht das Klimageschehen, sondern das Nichtstun wäre die Katastrophe.
Gleichzeitig steht das Fenster der Möglichkeiten so weit offen wie lange nicht. China kündigte in New York an, Klimaschutz-Auflagen zu akzeptieren, wenn die USA mitziehen. Indien will auf erneuerbare Energien setzen. Japan denkt über den Einstieg in den Emissionshandel nach. Auf der anderen Seite wächst der Druck auf US-Präsident Barack Obama, der mitten in der Wirtschaftskrise von den innenpolitischen Realitäten eingeholt wird: Seine mutigen Klimagesetze hängen im US-Senat fest. In New York beschwor er die Dringlichkeit des Problems. Doch ob er sein Versprechen, den Klimaschutz unter Federführung der USA wiederzubeleben, wirklich einlösen kann, ist offen.
Deutschland, Wortführer der EU, könnte das große Pokern ums Klima lenken. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel schickte eine Videobotschaft nach New York und ließ sich durch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vertreten. Man erinnert sich an Zeiten, da ließen sich beide in roten Anoraks vor schmelzenden Gletschern ablichten. Reden wir also nur übers Wetter?