Paris. Liliane Bettencourt, die greise Erbin des Kosmetik-Konzerns L'Oréal, verschenkte eine knappe Milliarde Euro an einen Fotografen. Nun zieht ihre wütende Tochter vor Gericht - um die 87-Jährige für unrechnungsfähig erklären zu lassen.

Die seit einem Jahr tobende Schlammschlacht im Hause L'Oréal wird immer schmutziger. Weil die greise Milliardärin und Erbin Liliane Bettencourt (87) dem Pariser Fotokünstler François-Marie Banier (62) den schier unglaublichen Betrag von einer Milliarde Euro geschenkt hat, schäumt ihre Tochter Françoise Bettencourt Meyers (55) vor Wut. Nun hat sie beim Gericht im vornehmen Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine beantragt, die Mutter wegen Unzurechnungsfähigkeit unter Vormundschaft zu stellen.

Bettencourt ist einer der reichsten Menschen der Welt

Ein Fotograf als Sohn-Ersatz

Dass der über 20 Jahre jüngere Banin bei der Milliardärin gar eine sexuelle Leidenschaft entfacht haben könnte, gilt als wenig wahrscheinlich.

Banier scheint eher dem eigenen Geschlecht zugetan. Plausibler ist daher die weitaus schlichtere Vermutung eines Freundes des L'Oréal-Clans, wonach der charmant-geschmeidige Banier in erster Linie den Sohn ersetzt, den Liliane Bettencourt nie hatte.

Der „juristische Schutz” durch den Vormundschaftsrichter ist nach Ansicht der Tochter dringend notwendig, weil ihre betagte Frau Mutter nicht mehr in der Lage sei, ihr Vermögen allein zu verwalten. Ein Vermögen, mit dem sie zu den reichsten Menschen der Welt gehört. Laut „Forbes” ist die einzige Tochter des L'Oréal-Gründers Eugène Schueller mit einem geschätzten Vermögen von fast neun Milliarden Euro die reichste Frau Europas und die drittreichste der Welt.

Über Jahrzehnte hatte es die Eigentümerfamilie des größten Kosmetikkonzerns der Welt geschickt verstanden, ihr Privatleben vor der Öffentlichkeit hermetisch abzuschirmen. Nun, da die hohen Mauern der Diskretion eingerissen sind, amüsiert sich „tout Paris” köstlich über die haarsträu-benden Zustände im Hause L'Oréal. Der Skandal um das Milliardengeschenk war zuerst ein gefundenes Fressen für die Sensationspresse, seit einigen Wochen beugt sich auch die Justiz in Nanterre in dem von der wütenden Tochter angestrengten Betrugsprozess gegen François-Marie Banier über die Causa Bettencourt. Für die 55-Jährige steht fest, dass der Promifotograf in Wirklichkeit ein finsterer Scharlatan ist und die „Schwäche” der Mutter skrupellos ausgenutzt hat. Doch dies streiten Banier und die Mutter energisch ab. „Ich bin eine freie Frau”, sagte sie einmal in trotziger Naivität, wobei sie ihr aberwitzige Geschenk als einfaches Kultur-Sponsoring auslegte: „Wenn man viel abbekommen hat, muss man auch gerne geben.”

Innerhalb von sechs Jahren 993 Millionen Euro verschenkt

Wie die Polizei ermittelte, hat Liliane Bettencourt François Barnier zwischen 2001 und 2007 insgesamt 993 Millionen Euro zugeschanzt – mal in Gestalt teurer Picasso-Gemälde, mal als Lebensversicherungen, mal siebenstellig in bar. 993 000 000 Euro – diese Summe sprengt selbst für Françoise, die einzige Tochter von Liliane Bettencourt, alle Dimensionen. „Hat man jemals erlebt, dass ein Fotokünstler mit einer Milliarde Euro gesponsert wurde?”, erregte sie sich kürzlich in einem Illustrierten-Interview.

Seit langem hegt sie den schlimmen Verdacht, ihre Mutter habe schlichtweg den Verstand verloren. Doch dies zu beweisen ist nicht einfach. Denn Liliane Bettencourt hat sich stets allen Versuchen erfolgreich widersetzt, einen „Idiotentest” über sich ergehen zu lassen.

Wer ist eigentlich dieser schillernde François-Marie Banier, den die Herrin des L'Oréal-Imperiums quasi über Nacht zum Milliardär machte? Fest steht, dass der Society-Fotograf zum ersten Mal Mitte der achtziger Jahre in das Leben von Liliane Bettencourt trat, als er sie auf der Treppe ihrer Prachtvilla ablichtete. Und ihr bis dahin langweiliges Milliardärsleben auf den Kopf stellen sollte. Denn mit dem lebensfrohen Fotografen tauchte sie urplötzlich ein in die vibrierende Welt des internationalen Jet-Sets. Denn Banier, der fotografierende Pariser Salonlöwe, kennt sie alle: Yves Saint-Laurent, Pierre Cardin, Caroline von Monaco, Vladimir Horowitz...