München. Weil er sich schützend vor vier Kinder stellte, prügelten zwei Jugendliche einen Münchner (50) im Bahnhof zu Tode
Seine Zivilcourage hat einen Münchner das Leben gekostet. Ohne zu zögern war der Geschäftsmann dazwischen gegangen, als Jugendliche in der S-Bahn vier Kinder angriffen. Als der 50-Jährige dann aus der Bahn stieg, fielen die Schläger über ihn her. Selbst als er bewusstlos zu Boden ging, traten sie immer wieder auf seinen Kopf ein. Dominik B. erlag Stunden später seinen Verletzungen. Gegen die Täter erging gestern Haftbefehl – wegen Mordes.
Die beiden Schläger Markus Sch. (18) und Sebastian L. (17) hatten am Samstagnachmittag mit ihrem Freund Christoph T. in einem Bahnhof zwei Pärchen aufs Korn genommen: „Rückt sofort Geld raus!“ 15 Euro wollten sie. Als die Schüler sagten, dass sie so viel nicht bei sich hätten, kassierten sie Prügel. Christoph T. schlug den Jungen ins Gesicht und auf den Rücken. Anschließend machte sich der 17-Jährige aus dem Staub. Erst gestern wurde er gefasst.
Ministerin zollt höchsten Respekt
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sagte gestern, sie verneige sich vor dem Opfer und zolle „seiner Zivilcourage höchsten Respekt”.
Der Mann sei Kindern zu Hilfe gekommen, die bedrängt wurden. „Besser hätte man es gar nicht tun können”, sagte Merk und fügte hinzu: „Er hat durch sein selbstloses Bemühen sein Leben verloren. Auch Polizeivizepräsident Robert Kopp betonte: „Der 50-Jährige hat sich vorbildlich verhalten und eigentlich alles richtig gemacht. Er hat viel Mut bewiesen.“ Um so tragischer sei sein Tod.
Der angetrunkene Markus Sch., er hatte fast 0,9 Promille Alkohol im Blut, und Sebastian L. ließen hingegen nicht locker. Sie stiegen zusammen mit den Kindern in die einfahrende S 7. Im Zug ging der Terror weiter. „Sie ließen keinen Zweifel daran, dass sie sich Geld holen würden“, so Kriminalrat Markus Krauss. Dominik B. versuchte zu schlichten. „Lasst die Kinder in Ruhe“, mahnte er. Schließlich verständigte er über Handy die Notrufzentrale. Als die Schläger immer aggressiver wurden, stellte sich Dominik B. schützend vor die beiden Jungen und ihre Freundinnen. „Ihr könnt mit mir nach Solln fahren”, bot er an. Die Schüler, zwischen 13 und15 Jahren alt, nahmen dankbar an.
Doch kaum war Dominik B. mit dem Quartett dort ausgestiegen, fielen die Schläger über ihn her. Vor den Augen der Kinder prügelten beide auf den Geschäftsmann ein. „Die Kinder hatten nicht die geringste Chance, einzugreifen oder ihrem Retter zu helfen“, betont Markus Krauss, Chef der Münchner Mordkommission. Passanten verständigten die Polizei. Zwei leisteten Erste Hilfe. Dominik B. erlangte kurzzeitig das Bewusstsein wieder. Er wurde noch ins Klinikum Großhadern gebracht. Um 18.20 Uhr erlag er dort seinen Verletzungen.
Die Täter flüchteten. Weil sie eine drei Meter hohe Lärmschutzwand nicht überwinden konnten, versteckten sie sich im Gebüsch an der Bahnstrecke, wo sie eine 22-jährige Kommissarin der Bundespolizei schließlich aufstöberte.
Blumen und Kerzen schmücken inzwischen die Stelle auf dem Bahnsteig in Solln, an der Dominik B. zu Tode geprügelt wurde. „Die Täter haben aus Rache getötet, weil sich der 50-Jährige zwischen sie und die vier Kinder gestellt hat“, betonte Staatsanwalt Laurent Lafleur.
Fast fünf Minuten prügelten Markus Sch. und Sebastian L. auf den 50-Jährigen ein. Immer wieder traten die Täter dabei auch mit voller Wucht gegen den Kopf des am Boden liegenden Opfers ein. „Wir gehen davon aus, dass der Geschäftsmann in Folge der massiven Schläge und Tritte gegen den Kopf verstarb“, erklärte Lafleur, „Deshalb wird die Staatsanwaltschaft gegen beide Anklage wegen Mordes aus niederen Beweggründen erheben.“ Beide Schläger sind bereits vorbestraft. Markus Sch. (18), der als Haupttäter gilt, ist bereits wegen Diebstahls und Körperverletzung vorbestraft. Zuletzt war er im Frühjahr vom Jugendgericht wegen Körperverletzung und räuberischer Erpressung zu vier Wochen Dauerarrest verurteilt worden. Auch Sebastian L. hatte früher schon Ärger mit der Polizei. Wegen Diebstahls und Drogenmissbrauchs war er zweimal erwischt worden. Wie Markus Sch. hat auch er keine Berufsausbildung, beide sind derzeit arbeitslos.
Bis gestern früh wurden Markus Sch. und Sebastian L. von der Mordkommission vernommen. Sie gaben dabei zu, an einer „Auseinandersetzung“ beteiligt gewesen zu sein. Details nannten sie nicht. Auf Anraten ihrer Anwälte verweigern die beiden inzwischen jede weitere Aussage. Am Nachmittag erließ ein Ermittlungsrichter gegen beide Haftbefehl wegen Mordes.
Mitarbeit: V. Duregger, V. Assmann, J. Lenders, J. Schneider