Die systematische Video-Beobachtung von SPD-Landeschefin Kraft durch die NRW-CDU stößt auch bei Christdemokraten auf Kritik. „Die Aufzeichnung öffentlich gehaltener Reden ist sicher zulässig, für eine Bereicherung der politischen Kultur halte ich das nicht”, so Bundestagspräsident Lammert der WAZ.

Düsseldorf. Auch Leonhard Kuckart, Chef der Senioren-Union in NRW, ging auf Distanz. „Es muss Grenzen geben, denn wir sind zwar politische Gegner, aber keine Feinde”, kritisierte er. Verständnis äußerte dagegen Ruhrbezirkschef Oliver Wittke: „Ob da einer sitzt und mitschreibt oder da sitzt und mitfilmt, ist gleichgültig.”

Wie die WAZ berichtete, hat die CDU die Düsseldorfer Firma Segami-TV auf Kraft angesetzt, um sämtliche Reden aufzuzeichnen und die SPD-Chefin bei Ausrutschern zu erwischen. Die Opposition reagierte mit Empörung. Bei einer Rede in Herford ging Kraft direkt darauf ein. Sie zog eine Parallele zu Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), den Jusos bei seinen abfälligen Äußerungen über rumänische Arbeiter gefilmt hatten. „Von mir werden Sie solche Aussagen wie von Herrn Rüttgers nicht hören, weil der entscheidende Unterschied ist: Ich denke sie erst gar nicht”, sagte sie.

„Die CDU lässt die Landesvorsitzende der SPD professionell ausspionieren”, schimpfte Krafts Generalsekretär Michael Groschek, „das zeigt, das sie auf dem Weg ist zur Staatspartei mit Allmachtsphantasien.” Die SPD selbst beobachte CDU-Veranstaltungen seit vielen Jahren „systematisch” mit der Videokamera, konterte CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst. Bei Rüttgers-Auftritten seien immer Videoteams der SPD anwesend. Die SPD bestritt die Vorwürfe.

Video-Aufzeichnungen von Wahlkampfreden – für die Piratenpartei ist das kein Drama. „Heute hat jeder ein Handy. Jeder muss damit rechnen, dass er gefilmt wird. Das diszipliniert Politiker und es hindert sie daran, Reden mit fragwürdigen Inhalten zu halten”, sagt Jens Seipenbusch, Chef der „Piraten”, zur WAZ. Wenn aber Profi-Filmer eingekauft werden, um systematisch zu dokumentieren, dann grenze das schon an „Video-Stalking”, also an Belästigung.